DFB-Sportgericht: Pokalverbot für Dynamo Dresden
Dynamo Dresden hat seit langem ein Fan-Problem. Nach den letzten Ausschreitungen wurde der Verein für den DFB-Pokal gesperrt – und fühlt sich ungerecht behandelt.
FRANKFURT/MAIN dpa/dapd | Keine Gnade für Dynamo Dresden. Der Zweitligist darf nach wiederholten Ausschreitungen seiner Fans in der kommenden Saison nicht am DFB-Pokal teilnehmen. Das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes verfügte am Montag nach einer mehr als siebenstündigen Verhandlung den Pokal-Ausschluss, der die Sachsen sportlich und finanziell hart trifft.
„Das ist eine wirtschaftlich einschneidende Bestrafung. Dieses Urteil ist im Sinne der gesellschaftlichen Problematik nicht hilfreich“, klagte Dynamo-Geschäftsführer Christian Müller. Der sportlich angeschlagene Tabellen-16. der 2. Liga, der am Sonntag seinen Trainer Ralf Loose entlassen hatte, kann binnen einer Woche die Berufung vor dem DFB-Bundesgericht beantragen. „Die Gremien des Vereins werden über weitere Schritte beratschlagen“, kündigte Müller an.
Der Vorsitzende Richter Hans E. Lorenz begründete das Strafmaß für Dynamo mit den zahlreichen einschlägigen Vorbelastungen und dem Ausmaß der Ausschreitungen beim Pokal-Spiel in Hannover. Bei der Partie im Oktober hatte die Polizei insgesamt 41 Straftaten verzeichnet. Es gab neun Verletzte und drei Festnahmen. „Solche Stadionüberfälle sind Anschläge auf den Fußball im Allgemeinen, die einer konsequenten Ahndung bedürfen“, sagte Lorenz.
Schon im Vorjahr verfügte das Sportgericht wegen der Krawalle Dresdener Fans in Dortmund einen Pokal-Ausschluss, der in einer Berufungsverhandlung vor dem DFB-Bundesgericht in eine Strafe von 100.000 Euro und einem Geisterspiel in der 2. Liga umgewandelt wurde. „Im letzten Jahr hat das DFB-Bundesgericht nach den Vorfällen in Dortmund ausdrücklich davor gewarnt, dass im Wiederholungsfall der Pokal-Ausschluss droht“, kommentierte Lorenz das harte Urteil.
Unbescholtene Niedersachsen
Bundesligist Hannover 96 muss als Folge der Krawalle beim Pokalspiel gegen Dresden am 31. Oktober 70.000 Euro zahlen. „Die Verhängung einer Geldstrafe ist ausreichend, da der Verein nur gering vorbelastet ist“, erklärte Lorenz. Die Niedersachsen haben das Urteil angenommen, es ist damit rechtskräftig.
„Der Schaden für Hannover 96 ist immens, nicht nur finanziell. Entsprechende Konsequenzen für die Verursacher haben wir nach den Vorfällen bereits gezogen. Ich will zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausschließen, dass diese noch umfassender werden“, erklärte 96-Präsident Martin Kind.
In Hannover hatten Dynamo-Anhänger bereits vor dem Anpfiff in einigen Stadionbereichen die Eingänge zu den Blöcken gestürmt. Nach der Partie liefen rund 200 Gäste-Anhänger auf den Rasen, wurden aber von der Polizei zurückgedrängt.
„Fans“ machen den Fußball kaputt
„Eine kleine Minderheit von gewalttätigen Randalierern und sogenannten Fans haben dem Verein einen maximalen Schaden zugefügt. Wir müssen konsequent verhindern, dass Gewalttäter uns den Fußball kaputt machen“, sagte Sachsens Innenminister Markus Ulbig.
Der CDU-Politiker regte finanzielle Konsequenzen für die Randalierer an. „Die Vereine und die Mehrheit der Fans müssen sich von diesen Chaoten nicht nur klar distanzieren, sie sollten auch über Schadensersatz nachdenken“, sagte Ulbig.
In der mündlichen Verhandlung hatte der als erster Zeuge geladene Klaus-Dieter Dunkel von der DFB-Kommission Prävention und Sicherheit die Dynamo-Anhänger schwer belastet. Sie hätten einen „äußerst aggressiven Eindruck gemacht. Man hat zum Teil hasserfüllte Gesichter gesehen“, sagte Dunkel. Dynamo-Geschäftsführer Müller entschuldigte sich am Montag für die Vorfälle: „Wir bedauern zutiefst, was in Hannover passiert ist.“ Die Richter konnte er damit jedoch nicht milde stimmen.
Linke glaubt Osten benachteiligt
Nach dem Ausschluss hat die Linke schwere Vorwürfe gegen das Sportgericht erhoben. „Die Sportrichter müssen sich fragen lassen, ob sie ein vergleichbar hartes Urteil gegen einen westdeutschen Verein gefällt hätten“, sagte Linke-Vorsitzende Katja Kipping am Montagabend der dapd.
Das Urteil sei „überzogen und unverhältnismäßig“, fügte die aus Dresden stammende Kipping hinzu. Es treffe den Verein und die ganze Region, obwohl nur einige wenige Chaoten durchgeknallt seien.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag