Brand in Textilfabrik in Bangladesch: Kik war mal wieder mit dabei
Mehr als 50.000 Fleece-Jacken ließ Kik in der abgebrannten Fabrik in Bangladesch nähen. Ein Brandschutzabkommen für mehr Schutz scheitert an einigen Konzernen.
BERLIN taz | Also schon wieder Kik: Auch der Textildiscounter aus Nordrhein-Westfalen ließ in der bangladeschischen Fabrik Tazreen nähen, in der bei einem Brand am Wochenende mehr als 100 Menschen ums Leben gekommen sind. Dort sei „ein Teil“ eines Auftrages gefertigt worden, schrieb das Unternehmen am Montag der taz.
Einem Qualitätsprüfbericht aus der Fabrik vom 28. April zufolge ging es mindestens um 52.500 Damen-Fleece-Jacken. Seit August 2012 seien in der Unternehmensgruppe, zu der Tazreen gehört, keine Produktionen mehr für Kik gelaufen, teilte der Discounter mit.
Bisher war nur bekannt, dass Tazreen für brasilianische Filialen von C & A arbeitete. Im September waren durch ein Feuer in einem pakistanischen Zulieferbetrieb von Kik mehr als 250 Menschen gestorben.
Der Brand in Dhaka am Wochenende war Brandstiftung, sagte am Montag Bangladeschs Premierministerin Sheikh Hasina. Zwei Männer seien bereits verhaftet, einer habe gestanden, für die Brandstiftung 20.000 Taka (190 Euro) bekommen zu haben. Gegen die schlechten Sicherheitsvorkehrungen und Arbeitsbedingungen protestierten am Montag auch Tausende Beschäftigte der Textilindustrie in Dhaka, 200 Fabriken waren geschlossen. Sie forderten, die für die Katastrophe Verantwortlichen zu bestrafen.
Seit 2006 mehr als 470 Tote
Feuer brechen ständig in den Textilfabriken des Billiglohnlandes aus, das nach China der zweitgrößte Kleidungsproduzent weltweit ist. Auch am Montag brannte ein Werk in einem Vorort von Dhaka. Dabei erlitten nach Angaben der Feuerwehr acht Menschen Rauchvergiftungen. Lokale Medien zitierten Arbeiter, dass das Fabriktor verschlossen gewesen sei, als sie vor den Flammen fliehen wollten.
Insgesamt sind seit 2006 bei Bränden in bangladeschischen Textilfabriken mehr als 470 Menschen gestorben, wie die Frauenrechtsvereinigung Femnet mitteilt. „Leider verlangt die EU bei Importen nicht, dass internationale Arbeitsvorschriften eingehalten werden“, sagt Vorstandsvorsitzende Gisela Burckhardt.
Sie fordert nun etwa von den Ketten H & M und Gap, ein mit Gewerkschaften und Arbeitsrechtsorganisationen ausgehandeltes Brandschutzabkommen zu unterzeichnen. Es sieht zum Beispiel Schulungen zum Brandschutz, Arbeitsschutzkomitees in den Betrieben und unabhängige Kontrollen vor. Das US-Unternehmen PVH, dem unter anderem die Marken Tommy Hilfiger und Calvin Klein gehören, sowie Tchibo haben bereits unterzeichnet. Doch PVH macht der Gewerkschaft Ver.di zufolge zur Bedingung, dass sich zwei weitere namenhafte Textilkonzerne beteiligen.
C & A und H & M weigern sich bisher beharrlich. Auch am Montag verwies ein H & M-Sprecher lediglich auf Bemühungen zum Brandschutz in Zusammenarbeit mit 18 anderen Marken. C & A erklärte: „Wir werden das prüfen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative