Konkurrenz für US-Bewertungsfirmen: Chinesische Ratingagentur greift an
Dagong will den großen US-Ratingagenturen Paroli bieten. Die chinesische Firma plant ein Joint-Venture – auch mit einer russischen Agentur.
PEKING taz | Die „Drei Großen“, die US-Ratingagenturen Standard & Poor‘s (S&P), Moody‘s und Fitch, haben zur weltweiten Finanzkrise beigetragen. Auch bei der Eurokrise spielen sie eine unrühmliche Rolle. Politiker und Ökonomen in Europa fordern bereits seit einiger Zeit eigene Bewertungsagenturen.
Worum sich die Europäer seit Jahren bemühen, wollen die Chinesen nun in die Tat umsetzen. Die chinesische Ratingagentur Dagong ist am Mittwoch ein Joint Venture mit einem russischen und einem kleineren US-Anbieter eingegangen.
Mit den neuen Partnern RusRating JSC und Egan-Jones Ratings wolle man „unparteiische Bewertungen bieten und die Reform des internationalen Ratingsystems vorantreiben“, heißt es in einer Erklärung von Dagong. Unter dem gemeinsamen Namen Universal Credit Rating Group wollen die drei auch komplette Länderbenotungen vornehmen. Dabei würden „keine Interessen eines Staates oder einer bestimmten Gruppe vertreten“, versicherte Dagong.
Die neue Agentur unter Federführung von Dagong soll in spätestens sechs Monaten in der Finanzmetropole Hongkong die Arbeit aufnehmen. Mindestens 30 weitere Ratingagenturen aus aller Welt wollen sich nach Angaben von Dagong in der nächsten Zeit der Universal Credit Rating Group anschließen.
Ratingagenturen bewerten Wertpapiere sowie die Kreditwürdigkeit von Banken, Unternehmen und Ländern. Obwohl weltweit zwischen 130 und 150 solcher Agenturen existieren, ist das Ratinggeschäft weitgehend zwischen den drei US-Riesen S&P, Moody‘s und Fitch aufgeteilt.
Marktbeherrschung
Die deutsche Unternehmensberatung Roland Berger hat in einer Studie von 2011 nachgewiesen, dass allein S&P und Moody‘s mit 80 Prozent der weltweiten Ratingumsätze eine marktbeherrschende Stellung haben und zum Teil auch denselben Kapitalbesitzern gehören, die sie ebenfalls bewerten.
Dagongs Unabhängigkeit wird allerdings noch sehr viel mehr angezweifelt. Obwohl offiziell in China als Privatunternehmen gelistet, gilt Dagong bislang nicht als ernstzunehmender Konkurrent, weil Dagong im Interesse des chinesischen Staates handele.
Guan Jianzhong, Dagong-Chef, weist diesen Vorwurf zurück. „Wir erhalten weder staatliche Unterstützung noch Anweisungen von der Politik“, versichert er – zumal auch die chinesische Regierung ein Interesse an unabhängigen Einschätzungen habe, um Fehler erkennen und beheben zu können.
Dagong bewertet ein Drittel aller kommunalen Haushalte in China und verfügt damit bereits über einen großen Kunden. Initiativen von europäischen Unternehmen, neue Ratingagenturen in Konkurrenz zu den Großen Drei aus den USA zu etablieren, scheiterten bislang vor allem daran, dass ihnen Auftraggeber wie staatliche Institutionen fehlen.
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