vor ort : MANFRED GÖTZKE über dunkle Verträge mit gelben Tonnen in Wuppertal
Als sie vor mehr als zehn Jahren in vielen Städten eingeführt wurde, wollte sie kaum einer haben: die „gelbe Tonne“. Mülltrennung galt als lästig. Was sie für die Umwelt bringt, wurde zunehmend fragwürdig, und das bunte Mülltonnensortiment für Bio, Plastik oder Normal hielten viele Hausbesitzer in NRW für visuelle Umweltverschmutzung. So manch einer wird diese Schmähungen inzwischen bereuen. Denn auf genau 1.111 Grundstücken in Wuppertal hat die private Entsorgungsfirma Remondis jetzt die gelben Tonnen eingezogen.
Die Anwohner müssen ihren Verpackungsmüll nun auf eigene Kosten in den Restmüll geben. Falsch getrennt, so die offizielle Begründung des Unternehmens. Schon seit Monaten zieht Remondis gelbe Tonnen für ein halbes Jahr ein, wenn sie drei Mal in Folge falsch befüllt wurden. Seit Neuestem sollen Wuppertaler einen Vertrag mit Remondis unterschreiben, wenn sie ihre gelbe Tonne zurück haben wollen. Darin akzeptieren sie, dass die Tonnen kostenpflichtig entsorgt werden, wenn sie falsch befüllt wurden. „Remondis ist da ziemlich rigide. Da reicht schon eine Bananenschale in der gelben Tonne“, sagt Gerhild Gössing von der Wuppertaler Wohnungsbaugesellschaft GWG.
Das hat auch ein Wuppertaler Hausbesitzer zu spüren bekommen. Immer wieder wurden seine gelben Tonnen nicht abgeholt, immer wieder fand er rote Karten im Briefkasten mit dem Hinweis: „falsch befüllt“. Mehrmals hat er die Behälter ausgekippt, um nachzusehen. „Einmal war ein Joghurtbecher nicht ‚löffelrein‘, einmal fand ich zwei Küchentücher in der Tonne.“ Mehrfach hat er sich bei Remondis beschwert. Die Reaktion des Unternehmens: Papier, Glas, Restmüll seien in den Tonnen gewesen. Anfang Juli hat Remondis die Behälter dann ganz eingezogen.
„Die Hausbesitzer sollten sich das nicht gefallen lassen“, sagt der Leiter des Wuppertaler Umweltamtes, Erwin Rothgang. Die Praxis, Verträge abzuschließen, hält er sogar für illegal. Damit die Bürger das auch erfahren, warnt die Stadt sogar auf ihrer Internetseite vor dem privaten Entsorger. Das Umweltamt weist darauf hin, dass die Verbraucher schon beim Kauf von Produkten mit grünem Punkt die Entsorgung mitbezahlen. Individuelle Verträge seien daher tabu.
Seit dem 1. Januar 2006 holt der Müllkonzern aus Lünen Plastik, Dosen und Tetrapaks mit grünem Punkt ab. Das „Duale System Deutschland“ hatte den Zuschlag erteilt, weil Remondis billiger sei als das städtische Entsorgungsunternehmen. „Die arbeiten mit Dumpingpreisen. Damit sie die halten können, wenden sie solche Methoden an“, sagt Rothgang. Remondis will nach eigenen Angaben mit Tonnen-Einzug und Verträgen die „hohe Fehlwurfquote“ bekämpfen. Die liege mit 30 Prozent falschem Abfall in gelben Tonnen weit über dem NRW-Durchschnitt. Durch die Verträge hätten die Bürger zudem keine finanziellen Nachteile.
Der Wuppertaler Hausbesitzer sieht das anders. Nachdem seine Tonnen im Juli konfisziert wurden, stellte er Strafantrag. Drei Tage später waren die gelben Tonnen wieder da.