in der taz vor 16 Jahren: Stefan Heyms Kritik an der DDR und ihren Flüchtlingen :
Im Zusammenhang mit der Ausreisewelle wandte sich DDR-Schriftsteller Stefan Heym erneut unmißverständlich an die westdeutsche Öffentlichkeit: „Ich weiß in der Tat nicht, ob diese Partei sich noch ändern kann“, sagte er in einem Interview mit dem Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt. Der DDR-Führung sei es mißlungen, den Bürgern den Sozialismus schmackhaft zu machen. „Wenn ich mir vorstelle, was Marx und Engels zu einer Form Sozialismus gesagt hätten, vor dem die Leute davonlaufen, mit welchem Hohngelächter sie sich mit dieser Angelegenheit befaßt hätten“.
Vor kurzem hatte Heym angedeutet, nun sollten sich mal jüngere Kollegen in die Schußlinie begeben. Die auch im Westen anerkannte DDR-Künstler-Prominenz hält sich jedoch auffallend zurück.
Trotz scharfer Kritik glaubt Heym, der Sozialismus in der DDR sei noch zu retten. Als Hoffnungsträger nannte er Menschen aus Wirtschaft und Wissenschaft, mit denen man von einer auf die andere Woche Veränderungen durchziehen könnte. Zum Flüchtlingsproblem meinte er, viele der jungen Leute in Ungarn seien „im Grunde genommen Spießbürger und ihre Vorstellungen von Demokratie primitiv“. afp, 26. 8. 1989