die erfindung des motorenwesens von EUGEN EGNER :
Man nennt mich, den legendären Gründer der Landpfleger-Werke, den Erfinder des Motorengeräuschs, obwohl ich die Erfindung eigentlich einem Wuppertaler Naturkosthändler gestohlen habe. Vom Geräusch zum Motor selbst war es nicht weit, und bald konnte an die Herstellung von Kraftfahrzeugen gedacht werden.
Anfangs standen die Arbeiter ratlos in der Fabrikationshalle herum. Niemand vermochte ein Automobil herzustellen: blinder Aktionismus, konfuse Pseudo-Planung, aber keine Motoren. Ich musste den Ahnungslosen zuerst einmal erklären, was Motoren überhaupt sind: „Motoren gehören nicht etwa einer vergangenen Zeit an. Motoren sind bei Spiel und Arbeit unentbehrliche Helfer. Sie lösen helle Freude aus. Wir können und werden sie immer wieder brauchen. Gewiss ist es aber nicht nötig, jeden Motor zu bauen. Wir werden uns mit jedem zweiten zufrieden geben. Bitte merken Sie sich: Große Motoren sind nur für unsere Verhältnisse groß, kleine Motoren (Motörchen) sind niedlich. Als geistiges Rüstzeug für den Bau selbst stärkster und eigenwilligster Modelle benötigen wir unbedingt die Überzeugung ‚Unser Motor ist billig und gut‘. Ihr ruhiger und schneller Gang erfreut die internationale Kundschaft bei vielen Gelegenheiten. Eingebaut in unsere Landpfleger-Personenkraftwagen vermitteln sie den Straßen der Welt Bewegung und Leben. Übrigens unterscheidet man zwischen Marginalmotoren, Hundsmotoren und religiösen Motoren.“
Dann gab ich ihnen den Bauplan eines Mittelklasse-Pkw: „So! Nun sehen wir uns die Zeichnung an, damit wir wenigstens wissen, was wir bauen wollen.“ Das half. Mit diesem Wissen konnten die Menschen schon ein komplettes Auto bauen. Ich wagte angesichts dessen, was sich nach ein paar Tagen abzeichnete, eine Prognose: „Unser Motörchen wird nicht sehr kräftig sein, aber es macht durch sein eifriges Arbeiten Freude.“ Zuerst erntete ich ungläubige Blicke aus ölverschmierten, ehrlichen Arbeitergesichtern. Doch schon bald hallte der Ruf durch die Fabrik: „Das Motörchen läuft! Warum“?
Da gab es das Rad Nummer eins. Das Rad war drehbar und an einer Achse befestigt. Es konnte sich so lange drehen, bis uns schlecht wurde. Nachdem wir eine einfache Anordnung auf einem Tisch aufgebaut hatten, lief das Rad nicht sehr lange. Es drehte sich ein paar Mal windschnell – und aus der Traum. Was wir erreichen wollten, war keine Versuchsvorführung von Sekundendauer. Wir wollten nicht unbescheiden sein; aber fünf Minuten sollte unser Motörchen schon laufen, bevor es sich auflöste.
Ich eröffnete den Betrieb unserer legendären Kraftmaschinen-Bauanstalt mit der Herstellung des Luxusklasse-Personenkraftwagens Landpfleger-Dickkopf. Das nicht alltägliche Modell verfügte zunächst über zwei Räder auf einer Achse. Damit wollten wir uns auf Dauer aber nicht begnügen und bauten ein zweites Rädersystem. Rad drei und vier wurden wiederum auf einer Achse verbunden. Rad vier drehte sich sechzigmal so schnell wie Rad eins – der Landpfleger-Dickkopf holte eine ganz nette Umdrehungszahl heraus! Bei den Probefahrten hatten wir unsere liebe Not, die Maschine zum Stehen zu bringen. An mehr erinnere ich mich nicht.