die anderen über planetarische betroffenheit und eine weltkirche als baustelle :
Corriere della Sera kommentiert: Karol Wojtyła geht jetzt in die Geschichte ein. Er war der Papst des interreligiösen Dialogs, der die Hand der jüdischen und muslimischen Welt ausgestreckt und die Fehler auf der eigenen Seite anerkannt hat. Und das ist etwas ganz Untypisches, Einzigartiges in der Geschichte der Welt. Es hat vielleicht Unverständnis ausgelöst, aber ihm gleichzeitig einen enormen Respekt eingebracht bei denen, die an andere Religionen als die katholische glauben, und auch in der Welt der Nichtgläubigen.
La Repubblica meint: Das Wort Kirche meint viele Dinge – gestern, während der Papst starb, war die Kirche alle diese Dinge auf einmal. Die Welt der Gläubigen, der Familien, der Jungen, der Alten – sie alle haben gebetet und geweint und gegen jede Vernunft brennend gehofft, seine Stimme in den Basiliken, Pfarreien, auf den Plätzen der Welt noch einmal zu hören.
Der Wiener Kurier schreibt: Der Nimbus des Papstes hatte unter seiner internen Amtsführung als Kirchenoberhaupt gelitten. Der tief gläubige Mensch mit geradezu mystischer Marienverehrung war in Fragen der Religion konservativ, teilweise reaktionär. Gemessen an den weltoffenen und fortschrittlichen Zielen und Hoffnungen des Zweiten Vatikanums war der Papst ein Gegenreformator. Subjektiv strebte er nach Vertiefung des Glaubens, objektiv geriet das zur Verengung des kirchlichen Lebens. Die Weltkirche lässt dieser Papst als große Baustelle zurück. Kurs und Inhalte sind in den letzten Jahren der körperlichen Schwäche unscharf geworden. Große theologische Fragen blieben offen. Das Verhältnis zur modernen Welt ist ungeklärt. Das große Ziel der Ökumene ist aus den Augen geraten.
Die NZZ am Sonntag aus Zürich meint: Gut 26 Jahre lang hat dieser Papst eine Öffentlichkeit polarisiert. Er hat sich und die Kirche mit bemerkenswerter Unbeirrbarkeit als Gegenmacht zum Zeitgeist positioniert. Deshalb zeigte er sich nach dem Fall der Berliner Mauer bald enttäuscht über die Entwicklung der kapitalistischen Welt, und er übte deutlich Kritik am Materialismus und Hedonismus des westlichen Denkens. Er setzte der Rolle der Frauen in der Kirche enge Grenzen, hielt am Zölibat diskussionslos fest, kritisierte die Hightechforschung rund um das menschliche Erbgut und predigte eine Sexualmoral, in deren Zentrum das Verbot jeder „unnatürlichen“ Form der Geburtenkontrolle und der Abtreibung stand. So ging eine wachsende Verehrung für die Person des Papstes einher mit einem Bedeutungsverlust der katholischen Kirche im Allgemeinen.