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Archiv-Artikel

daily dope (267)

Gendoping ist ein Gänsehautwort, die Herstellung von Supersportlern mittels Gentechnik für viele eine grauenhafte Zukunftsvision. Sie fragen sich, wann wohl der erste geklonte Supersprinter über eine olympische Tartanbahn rasen wird. Auch wenn Eingriffe ins Erbgut eines Menschen zum Zwecke der sportlichen Leistungssteigerung bis dato nicht möglich sind, scheint es für kritische Sportbeobachter nur eine Frage der Zeit zu sein, bis genmanipulierte Athleten an der Spitze der Ergebnislisten stehen. Das liegt vor allem am miserablen Ruf der Sportler.

Die schrecken, da sind sich nicht wenige sicher, vor nichts zurück. Sportler nehmen, was immer sie bekommen können, um ihre Körper zu stählen, ihre Muskeln aufzublasen, ihre Ausdauer zu steigern. Während sich die Experten und Politiker, die sich am Mittwoch zum Thema Gendoping im Bundestag informieren ließen, uneinig darüber waren, was Gendoping eigentlich genau ist und ob es eine Chance für Dopingbekämpfer gibt, mit dem wissenschaftlichen Fortschritt im Bereich der gentechnischen Therapie Schritt zu halten, herrschte in einem Punkt Einigkeit: Den Sportlern ist alles zuzutrauen. Sie nehmen jedes Risiko in Kauf, um höher, schneller, weiter sein zu können als ihre Konkurrenten. Sie würden sich schon für Experimente zur Verfügung stellen, wenn gewisse Mittel noch nicht einmal an Labormäusen ausprobiert werden. Dass Sportler schlecht sein können, darüber waren sich alle einig am Mittwoch in Berlin. Wachsam müsse man also sein: Und handeln müsse man.

Ein „Screening“ aller Forschungsarbeiten zu diesem Thema wurde gefordert, eine gute Ausstattung von Analyselabors, größere kriminologische Anstrengungen. Geld müsse in den Kampf gegen das Gendoping gesteckt werden, auf dass der deutsche Spitzensport gerettet werden kann. Der soll Medaillen bei internationalen Wettkämpfen erringen, mithin dem deutschen Staat Ruhm und Ehre einbringen. Peter Danckert (SPD), der Vorsitzende des Sportausschusses, der die Gendoping-Studie beim Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag angefordert hatte, stellte gleich zu Beginn klar: „Die Förderung des Spitzensports steht nicht zur Debatte, schon allein um die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands sicherstellen zu können.“ Der Staat stellt jede Menge Geld, mindestens 180 Millionen Euro im Jahr, für den Spitzensport bereit. Gleichzeitig soll er, so der einhellige Wunsch am Mittwoch, noch mehr Geld und Ressourcen als bisher für den nationalen Antidopingkampf zur Verfügung stellen. Es ist ein absurdes Wettrüsten, das da stattfindet. Gefragt hat sich keiner der Anwesenden, warum sich der Staat einen Stall voller Hochleistungssportler hält, denen er offensichtlich nicht vertrauen kann und die zu ihrem eigenen Schutz kontrolliert und überwacht werden müssen.

ANDREAS RÜTTENAUER