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Archiv-Artikel

Zahl der Woche Raum für Flüsse ist Richtern wichtiger als Bauland

Flüsse sind eigentlich unberechenbar. Weil man aber Vorsorge treffen muss, wird der Hochwasserschutz auf ein Ereignis ausgerichtet, wie es voraussichtlich alle 50 Jahre vorkommen dürfte. Ein wichtiges Schutzinstrument ist die Ausweisung von Überschwemmungsgebieten. Das sind Flächen, auf denen das Gewässer über die Ufer treten darf und sogar soll, um die Lage flussabwärts zu entspannen.

Natürlich gibt es um die Ausweisung solcher Überschwemmungsgebiete immer wieder Streit. Denn private Grundstückseigentümer dürfen hier grundsätzlich nicht bauen, und Gemeinden können die Flächen nicht mehr als teures Bauland vermarkten. Ihnen ist ein Schutz mit teuren Deichen lieber, denn dafür sind die Länder zuständig, und nicht die Gemeinden.

Konflikte gab es zum Beispiel in Rheinland-Pfalz, als entlang des Wiesbachs ein Überschwemmungsgebiet ausgewiesen wurde. Sieben Gemeinden aus der Nähe von Bad Kreuznach klagten dagegen, weil auch Flächen einbezogen wurden, die bereits als Bauland bestimmt sind. Dies sei de facto eine Enteignung und müsse zumindest entschädigt werden, fanden die Kommunen.

In einem Grundsatzurteil hat das Bundesverwaltungsgericht das nun aber zurückgewiesen. Eigentum und Planungsfreiheit der Gemeinden würden durch den Hochwasserschutz nicht eingeschränkt, sondern ausgestaltet. Das Bauverbot sei keine unverhältnismäßige Belastung, schließlich gehe es hier um eine „Gemeinwohlaufgabe von hohem Rang“.

Die Festsetzung von Überschwemmungsgebieten sei auch keine planerische Entscheidung, die so oder anders getroffen werden könne, sondern setzte nur die Berechnung um, welchen Raum ein Hochwasser brauche, wie es alle 50 Jahre vorkommen kann. Wenn hier trotzdem gebaut wird, führe dies nicht nur zu eine unnötigen Gefährdung der Bauherren selbst, sondern wegen der eingeschränkten Rückhaltewirkung auch zur Belastung von anderen.

Im Einzelnen muss nun aber das Oberverwaltungsgericht Koblenz noch einmal prüfen, ob die 50-Jahres-Fläche richtig berechnet wurde. Wer vor Ausweisung des Überschwemmungsgebiets gebaut hat, genießt Bestandsschutz. Und die Gemeinden haben angekündigt, dass sie das Bauverbot nicht zu streng handhaben werden. Auf bereits ausgewiesenem Bauland sollen Ausnahmegenehmigungen erteilt werden. CHRISTIAN RATH