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Archiv-Artikel

kuckensema: auf bremens leinwand Ständig Angst im Kino? Das neunte Bremer Symposion zum Film weiß Rat

Warum zahlen wir Geld dafür, dass man uns Angst macht? Warum gibt es so viele Doppelgänger, Monster, Schattenwesen im Kino? Warum lassen wir uns von den Filmemachern so gern erschrecken und begruseln?

Wir alle kennen diese wohlige Angstlust, die uns befällt, wenn da etwas ganz Schreckliches auf der Leinwand passiert. Aber „theoretisch ist sie nicht hinreichend erklärt“, sagt Irmbert Schenk von der Universität Bremen. Der Kulturwissenschaftler hat das 9. Bremer Symposion zum Film mitorganisiert, das morgen beginnt. Ein gutes Thema für ein Kolloquium – eines, das auch jedem sofort einleuchtet. Ideal für eine Veranstaltung, die nicht als eine rein akademische Zusammenkunft im Kino 46 konzipiert ist – und eben nicht auf dem Campus.

Diese Kooperation ist ein Hauptgrund dafür, dass das Kommunalkino vom Intendanten der Kulturhauptstadtbewerbung, Martin Heller, als wichtige Säule für sein Konzept 2010 angesehen wird. Ausdrücklich wird dabei „das interdisziplinäre Zusammenspiel mit anderen Künsten, mit Kultureinrichtungen und der Universität“ gelobt. Anhand des Symposions kann man beispielhaft sehen, wie geschickt diese Verbindungen geknüpft werden. Das Institut Français und das Instituto Cervantes sind Mitveranstalter, weil sie jeweils einen Referenten aus Frankreich und Spanien betreuen. Im Waller Medienzentrum gibt es passend zum Thema eine Fotoausstellung und Installation der Künstlerin Isolde Loock. Und heute abend wird der 6. Filmpreis der Kunst- und Kultur-Stiftung der Sparkasse Bremen an die finnische Schauspielerin Kati Outinen verliehen.

Am Freitag um 14 Uhr beginnt dann das dreitägige Symposion mit dem Vortrag von Rolf Giesen über die gesellschaftliche Wirklichkeit des klassischen Horrorfilms unter dem Titel „KZ Frankenstein“. Im neunten Jahr weiß man so langsam, was man von ihm und den anderen Referenten zu halten hat: Wer amüsant und wer trocken, wer akademisch geschwollen (nein, ich petze nicht) und wer auf filmtheoretisch höchstem Niveau referiert.

Neun Vorträge werden an diesem Wochenende gehalten und 16 Filme dazu bis Dienstag gezeigt.

Mit dem Motiv des Klonens setzen sich gleich zwei Filmwissenschaftler auseinander.Über die unheimliche Wirkung eines Schauspielers auf der Leinwand hat Klaus Kreimeier am Beispiel des Stummfilmstars Conradt Veidt („Das Cabinett des Dr. Calligari“) gearbeitet. Die Französin Nicole Brenez berichtet über „die Schrecken des Familiären“ in Abel Ferraras „Body Snatcher“. Und Vincente J. Benet von der Universität Castellón hat untersucht, wie im spanischen Kino Monster und Doppelgänger als Metaphern für die Franco-Diktatur genutzt werden.

Darüber, wie das Licht und die Gestaltung der Räume im Kino Schrecken erzeugen können, wird man beim Vortrag des amerikanisches Filmtheoretikers Edward Dimendberg etwas erfahren können. Die brillante Elisabeth Bronfen zielt mit „Die Nacht als Entdeckungsort des Anderen im Kino“genau „ins Herz der Finsternis“ und damit auch des Symposions.

Mit „Nosferatu“` und „Orlacs Hände“ werden gleich zwei der gruseligsten Stummfilmklassiker aufgeführt. Die Entdeckung des Filmprogramms ist aber „The Invisible Ray“ (1936), in dem Boris Karloff und Bela Lugosi einen ihrer wenigen gemeinsamen Auftritte hatten. Der Film wurde bisher nur einmal in Deutschland gezeigt, nämlich 1983 im legendären „Gruselkabinett“ des NDR, dessen Vorspann mit dem bedrohlich geflüsterten „Mumien, Monstren, Mutationen“ damals schon genügte, um schaurig schön die Angstlust zu wecken. Wilfried Hippen

Alle Termine unter www.Kino46.de