RAINER EMIG, LEITER DER TOLKIEN-TAGUNG : Skeptischer Fantasy-Fan
■ ist Professor für englische Literatur und hat fast alles von Tolkien gelesen
FOTO: PRIVAT
Mit Krieg hat Rainer Emig sich schon lange beschäftigt. Das mag wohl der Hauptgrund gewesen sein, warum die Deutsche Tolkiengesellschaft sich an den Experten für britische Literatur gewandt hat, um die Tagung „Konflikt, Gewalt und Krieg bei Tolkien“ zu betreuen. Denn Schlachten und Kämpfe nehmen bei J. R. R. Tolkien, der durch Werke wie „Der kleine Hobbit“ und „Der Herr der Ringe“ populär wurde, breiten Raum ein.
Ursprünglich war Emigs Entscheidung für den Zivildienst der Auslöser, sich „Gedanken um den Wehrdienst“ zu machen. Die Thematik holte den heutigen Anglistikprofessor in seiner Auseinandersetzung mit der Literatur des 20. Jahrhunderts ein. Autoren wie W. H. Auden, „der zu Kriegen gereist ist und sich zu Kriegen verhalten hat“, wie Emig sagt, brachten dem Wissenschaftler die Bedeutung von Kriegserlebnissen für diese Epoche zu Bewusstsein. Bei jüngeren Konflikten wie dem in Ruanda erkennt er die Wiederkehr archaischer Elemente. „Gewaltanwendung als Form der Konfliktlösung ist etwas, das wird nicht so schnell überwunden werden“, lautet sein Resümee.
In diesem Kontext weist der Literaturwissenschaftler der Fiktion eine therapeutische Funktion zu. Sie gebe uns die Möglichkeit, Aggressionen ohne Gefahr für das eigene Leben und andere Menschen durchzuarbeiten. Wir könnten Dinge erleben, die wir in der Realität lieber nicht durchmachen wollen.
Seine Laufbahn führte Emig von der Universität Warwick über Oxford nach Cardiff in Wales. Dort regte ihn das Interesse der Studierenden an Männlichkeitstheorien zu einem weiteren Schwerpunkt seiner Forschungstätigkeit an, den Gender Studies. Als Professor für englische Literatur lehrt und forscht Emig seit 1999 an der Universität Regensburg und seit 2008 an der Leibniz Universität Hannover .
Emig hat fast alles von Tolkien gelesen. Dessen Geschlechterdarstellungen hält er für ebenso problematisch wie die Kriegsschilderungen in Tolkiens Büchern. Frauen spielten vor allem die Rolle von Heilerinnen. Die Männer führten Krieg und zwar einen „sauberen, edlen“ Krieg Mann gegen Mann. „Das ist Eskapismus“, findet Emig. BNE