Neue Platten
: Musik und mehr: DVDs von Barbara Morgenstern und Rechenzentrum

Rechenzentrum, „Director’s Cut“. Mille Plateaux 120/EFA

Barbara Morgenstern, die Königin der minimalen elektronischen Emotionsmusik, hat bereits zu Beginn des Jahres ihr drittes Album „Nichts muss“ bei Labels Berlin (EMI) veröffentlicht. Es liegt also nah, das Material nochmals in bebilderter DVD-Version auf ihrem eigenen Label Monika zu veröffentlichen. Dazu hat sie FreundInnen und geschätzte KollegInnen eingeladen, Videos zu den elf Titeln zu produzieren. So unterschiedlich die Gäste sind – Architekten, MusikerInnen wie Videokünstler versammeln sich hier –, so vielseitig sind auch die Beiträge geworden. Das düstere Anime von Eike Swoboda etwa erzählt zu „Aus heiterem Himmel“ die Geschichte eines kleinen Drahtmännchens, das eines Tages feststellen muss, dass es jegliche Leidenschaft verloren hat. Jantos’ und H. Rühls Video zu „Ohne Abstand“ greift den DVD-Titel „Kleiner Ausschnitt“ geschickt auf und zeigt Morgenstern so nah, als klebe sie an der Mattscheibe. Die warmen orange und rosa Töne verlieren ihre Konturen im Schwarz des Hintergrunds. Eine schöne, poetische Arbeit. Thomas Fehlmann (ehemals Palais Schaumburg) bleibt seinem Motto „Aufmerksamkeit durch Langeweile“ treu und zeigt zu „Reset“ Lichter der nächtlichen urbanen Landschaft. Dazu gibt es noch ein leider nicht besonders spannendes Interview mit der Protagonistin.

Der „Director’s Cut“ von Rechenzentrum ist hingegen kein schmückendes Beiwerk, sondern die erste umfassende Dokumentation der ohnehin audiovisuell arbeitenden Gruppe. Dass das zweite Album als DVD zuzüglich einer Bonus-CD erhältlich ist, ist so konsequent. Sechzig Minuten lang spielen Christian Conrads und Marc Weiser mit der Fülle zeitgenössicher Popularmusik von Dub, Soul über elektronisches Gefrickel bis Techno. Am Ende weiß man nicht mehr so genau, ob man lieber seinen Arsch im Takt der Mucke bewegen möchte oder die Musik als Kompositionen, die an die Neue Musik wie an Filmmusiken anschließen, im Lesesessel genießen möchte. Lilleväns visuelle Kompositionen von meist abstrakten Motiven, die wie auch die Musik ihre Quellen in gefundenem Material aufweisen, saugen. Fast hypnotisch gleitet man mit dem Album durch die Zeit, schwelgt durch Zukünftiges und Vergangenes, ohne sich in esoterischen Sphären oder in Konzepten zu verlieren. Emotionen bedürfen hier eben keiner erörternden Worte. Sie sind einfach da. Darüber zu singen ist eben mehr das Ding der von Singern und Songwritern beeinflussten Barbara Morgenstern. MJ

Barbara Morgenstern, „Kleiner Ausschnitt“. Monika Vision 01/Indigo. Live: 31. 8.,Kulturbrauerei