Integration von Spätaussiedlern gefährdet

Die Evangelische Stiftung Ludwig-Steil-Hof in Espelkamp muss zwei ihrer Internate für jugendliche SpätaussiedlerInnen und Flüchtlinge schließen. Grund: Die Bundesregierung streicht Fördergelder in Höhe von 1,7 Millionen Euro

RUHR taz ■ Die Bundesregierung hat sich bei ihrem Amtsantritt die Integration auf die Fahne geschrieben, doch wenn es darauf ankommt, dreht sie den Geldhahn zu: Die evangelische Stiftung Ludwig-Steil-Hof im ostwestfälischen Espelkamp muss zum Schuljahresende 2004 zwei ihrer vier Internate für junge SpätaussiedlerInnen und Flüchtlinge schließen. Grund: Der Bund streicht seine jährlichen Zuschüsse von 1,7 Millionen Euro.

Die 300 InternatsbewohnerInnen, zu 95 Prozent Spätaussiedler, bekommen dort im Zeitraum von ein bis drei Jahren die Möglichkeit, Deutsch zu lernen und Schulabschlüsse zu machen. „Hier befinden sie sich in einem Schonraum und können ungehemmt die deutsche Sprache erlernen“, sagt Hans-Georg Nagel, Vorsitzender der Stiftung. Insgesamt seien an der Schule 38 Nationen vertreten, so Nagel. „Und das Miteinander funktioniert sehr gut.“ Der Ludwig-Steil-Hof fördert vor allem Haupt- und SonderschülerInnen, also eine Gruppe von Jugendlichen, die schwer zu vermitteln sind. „Das Modell Internat plus Schule in Zusammenhang mit dem Klientel ist überregional angesehen“, bestätigt auch Klaus Stoll, Dezernet für Schulverwaltung der Bezirksregierung Detmold.

Und das ungewöhnliche Integrationsmodell trägt Früchte: Bei einer Umfrage unter AbgängerInnen des Schuljahres 1997/98 absolvieren heute 80% eine Ausbildung oder stehen in einem festen Arbeitsverhältnis. Bei sogar 90 % der liegt die Vermittlungsquote der SonderschülerInnen mit entsprechendem Abschluss.

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BFSFJ) fördert mittels eines Garantiefonds Projekte zur sprachlichen und schulischen Eingliederung junger Spätaussiedler und Flüchtlinge. Verwaltet und gesteuert wird die Förderung vom Land. „Die Gelder sind da“, weiß Pfarrer Nagel. Auch im neuen Zuwanderungsgesetz sei die Förderung von Integrationsmaßnahmen vorgesehen. Aber dieses kommt nach vierjährigem Hin- und Her erst am 16. Januar 2004 vor den Vermittlungsausschuss. „Die Bundesregierung muss für diesen Fall eine Übergangsregelung finden“, sagt Sybille Haußmann, migrationspolitische Sprecherin der Grünen in NRW. Obwohl sie es sinnvoller fände, die Eingliederung - wie im neuen Gesetz vorgesehen - vorrangig „vor Ort“ zu betreiben. Die Internatsunterbringung sei zu teuer: „Die Internate schlucken 40% der Gelder, erreichen aber nur 13% der Geförderten“, sagt Haußmann.

Nach der Schließung der beiden Internate muss jedoch kein/e BewohnerInnen unter der Brücke schlafen. Ab dem Sommer 2004 werden lediglich keine neuen SchülerInnen mehr aufgenommen. Und die Unterbringung für die Verbliebenen werde durch Schüler-Bafög finanziert, versichert Ministeriumssprecherin Beate Moser

NATALIE WIESMANN