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Archiv-Artikel

kuckensema: auf bremens leinwand Der Marktplatz sieht sich selbst – in Zadeks „Ich bin ein Elefant, Madame“

In Italien wird immer wieder gerne „Cinema Paradiso“ auf kleinen Markplätzen gezeigt. Denn in diesem Film wird auf genau solch einer Piazza ebenfalls ein Film vorgeführt. Morgen haben auch die Bremer Gelegenheit, einen ähnlichen Doppelungseffekt auf ihrer Piazza Grande, dem Marktplatz, zu erleben.

Das Kommunalkino beginnt die Festivitäten zu seinem 30. Geburtstag mit einem Kinoabend umsonst und draußen vor dem Roland und zeigt dort Peter Zadeks „Ich bin ein Elefant, Madame“. Es ist der einzige bedeutende Spielfilm, der je in Bremen gedreht wurde.

Darin enthalten ist wohl auch das schönste Kinobild, das wir von unserer Stadt haben: der Indianertanz vor dem Roland. Jetzt kehrt das Bild an seinen Ursprungsort zurück.

Zadeks Film treibt mit seinen Späßen im Alten Gymnasium, der befahrenen Sögestraße oder dem Defaka-Kaufhaus alteingesessenen Bremern die Tränen in die Augen. All das wirkt heute so nostalgisch wie die TV-Wiederholungen vom „Beat Club“.

Aber 1969 waren die meisten Hansestädter alles andere als amüsiert. Zadek entwickelte am Goethetheater den vielgerühmten „Bremer Stil“, den der Regisseur in seiner Autobiografie als „eine Mischung aus Pop-Art, einer kühlen, ein bisschen an Brecht erinnernden Art von Schauspielführung, ironisch,“ definierte.

Damit sind auch die Stilmittel des „Elefanten“ beschrieben. Der Film war sowohl inhaltlich wie auch künstlerisch Zadeks Abschied und seine Bestandsaufnahme von Bremen. Auf Basis des Romans „Die Unberatenen“ von Thomas Valentiner collagiert der Regisseur Impressionen, die er in den wilden Zeiten der Schülerunruhen von Bremen gesammelt hatte. Es ist eine bunte, übermütige Stilmischung entstanden, die stark von Godard und Warhol beeinflusst wurde.

Weil Zadek auch seine eigene Ratlosigkeit dokumentierte, bei den gezeigten Auseinandersetzungen zwischen Primanern und Lehrkörper nicht eindeutig Partei ergriffen hat, setzte er sich damals zwischen alle Stühle. Während er auf der Berlinale mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet wurde, bekam Zadek von den linken Studenten die „Rostige Filmdose“ für den „reaktionärsten Film aller Zeiten“ verliehen.

Die Konservativen empörten sich ihrerseits über Tabuverletzungen. Zadek hatte ein riesiges Hakenkreuz an das Parlamentsgebäude hängen lassen und die Reaktionen der Passanten gefilmt.

Ganz so unentschlossen wirkt der Film heute nicht. Stilistisch tanzt der „Elefant“ - eindeutig zur Musik von Velvet Underground - den Indianertanz mit der rebellischen Jugend auf den Nasen des hanseatischen Bürgertums. Zadek selbst nennt den Film seinen „besten“. Wilfried Hippen

„Ich bin ein Elefant, Madame“: bei jedem Wind und Wetter ist der Film morgen, 21.30 Uhr, auf dem Marktplatz zu sehen