INES KAPPERT ÜBER 60 MILLIONEN VERTRIEBENE : Menschen mit Visionen
Markierten letztes Jahr 50 Millionen Geflüchtete noch ein unvorstellbares Ausmaß an ungewollten EinwanderInnen, ist nun von 60 Millionen die Rede. Hört das denn nie auf?
Der Chef des UNHCR sagt: Immer mehr für Kriege verantwortliche Politiker und Warlords gehen straffrei aus, zudem ist die internationale Politik unfähig, Konflikte zu befrieden. Solange das so ist, werden Menschen fliehen. Wenn 60 Millionen alles aufgeben und ihre Kinder in Lebensgefahr bringen, dann tun sie das nur, weil es im Heimatland keine Chance zum Überleben gibt. 60 Millionen Menschen verweisen auf einen Systemfehler, nicht auf individuelles Versagen. Diesem Systemfehler will auch die EU weiterhin vor allem militärisch begegnen: Geschlossene Grenzen, versenkte Boote, abgelehnte Visa, zigtausende Tote. Doch will sie wirklich 60 Millionen Menschen umkommen lassen?
Die Alternative ist eine endlich durchdachte, neue Einwanderungspolitik. Also her mit den Gipfeln und Konferenzen, die Entwürfe und internationale verbindliche Papiere aushandeln. Bislang hat die Politik das Thema als Marginalie in die Wohnzimmer verwiesen. Weshalb sich vielerorts die Meinung festsetzte: Wenn wir Menschen retten, kommen dann nicht immer mehr? Das Umgekehrte ist richtig: Wenn die demokratische Welt weiterhin keine Migrationspolitik entwickelt und auch keine Friedenspolitik, dann wird sich nichts beruhigen. Denn 60 Millionen Menschen sterben oder verwaisen nicht folgenlos.
So wie eine internationale Klimapolitik erkämpft wurde, trotz der unzähligen „Klimaskeptiker“, so muss eine internationale Einwanderungs- und Friedenspolitik erkämpft werden. Für Menschen mit Visionen ist die Zeit jetzt reif.
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