: Easy Bert
Der NDR zeigt am Samstag „Stranger in the Night – die Bert Kaempfert Story“, dokumentiert von Marc Boettcher
Was haben Elvis, die Beatles und Frank Sinatra gemeinsam? Sie alle haben ihre Karriere mit Hilfe desselben Mannes angeschoben. Dieser Mann kam aus Hamburg-Barmbek. Seine Biografie ist längst überfällig: Bert Kaempfert, „Erfinder“ des Easy Listenings. Hits wie „Spanish Eyes“ oder „Afrikaan Beat“ kennt jeder, angeblich vom Fahrstuhlfahren, oder weil bei ihm früher zum Sonntagfrühstück Radio lief.
1923 wurde Berthold Kämpfert in Hamburgs roten Stadtteil hineingeboren, mitten in die Unruhen zwischen Kommunisten und Polizei. Hier beginnt die jetzt im NDR gezeigte 120-Minuten-Doku des Berliners Marc Boettcher, vom Leben des Stars, der lieber im Hintergrund blieb. Seine Eltern sind einfache Leute, der Sohn peilt eine Laufbahn als Seefahrer an.
So wäre es vermutlich gekommen, hätte ihn nicht als Teenager ein Taxi angefahren. Das Schmerzensgeld investiert die Mutter in ein Klavier für ihren Buben – und schon bald bestätigt sein Talent ihre Einschätzung. Den kleinen Berthold, den alle Fips nennen, lässt die Musik nicht mehr los, egal, unter welchen Lebensumständen. Aus dem begabten Jungmusiker wird bald der Leiter eines Orchesters, ein Angestellter der Polydor, Komponist bzw. Arrangeur großer Hits wie von Freddy Quinn, Ivo Robic, Al Martino und anderer Stars. Er prägt den berühmten „Knackbass“-Sound und ist ein Meister der Harmonie. In den USA stürmt er die Charts und gewinnt als erster deutscher Bandleader Gold, entdeckt und produziert die Beatles, komponiert den Frank Sinatra-Evergreen Strangers in the Night, schüttelt rund 400 Kompositionen aus dem Ärmel, die ihm eine herausragende Rolle in der Geschichte der Unterhaltungsmusik sichern. Doch trotz des Erfolges bleibt der große Fips stets fair und bescheiden. Er steht ungern im Medienrummel und zieht eine stille Angelpartie jedem Interview vor. 1980 stirbt er 58-jährig.
Regisseur Boettcher, der vor etwa vier Jahren die Doku über die Sängerin Alexandra mit edierte, vermittelt neben Fakten und offenen Fragen zu Kaempferts (Familien-)Leben und Karriere auch Einblick in den zeitgeschichtlichen Kontext. Man sieht das Barmbek der 20er Jahre, TV-Ausschnitte, in denen das extravagante Fernsehballett oder Catherina Valente vor grandiosen, auf ihre Kleidung abgestimmten Kulissen tanzen oder die Umsetzung von „A Swingin‘ Safari“ in den USA und hierzulande: Dort grellbunte Show-Groteske, hier artig singende Gestalten in Nachthemden. Man erfährt etwas über Missklänge im Privaten und hinter den Kulissen des Showbiz. Kollegen, Freunde und die Familie kommen zu Wort, auch Renate, die Tochter seiner ersten Frau. Nicht nur für Nostalgiker und Harmonieforscher ein prima Grund, den Samstagabend zu Hause zu verbringen.
Imke Staats
Die Bert Kaempfert-Story: Samstag, 22.11., 22 Uhr, NDR