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Archiv-Artikel

Diakonie muss zahlen

GOTTESLOHN Nach zwei Jahren endet die Tarifauseinandersetzung der Diakonie mit moderaten Zuwächsen. Im Frühjahr wollen die Beschäftigten die nächste Runde einläuten

„Das war das letzte Mal. Der ‚Dritte Weg‘ ist am Ende.“ Christof Fantini

Von Christian Jakob

Die wohl zäheste Auseinandersetzung in der Geschichte der Diakonie ist beendet. Gestern verkündete Ver.di: Die Beschäftigten des Wohlfahrtsverbandes bekommen künftig insgesamt 5,5 Prozent mehr Geld, für niedrige Lohngruppen gibt es einen Sockelzuwachs. In Bremen profitieren davon rund 3.300 Menschen, es ist die erste Tariferhöhung seit 2005. Doch die eigentliche Neuigkeit ist, dass eine Gewerkschaft diese Nachricht verbreitet.

Fast zwei Jahren lang verhandelte die „Arbeitsrechtliche Kommission“ (ARK) des evangelischen Verbandes. Das interne Gremium ist Ort des so genannten „Dritten Wegs“, eines kirchlichen Sonderverfahrens zur Lohnfindung. Die Beschäftigten haben hierbei kein Streikrecht, Gewerkschaften waren seit jeher außen vor. Doch weil die ARK keine Einigung erzielen konnten, drohten die Arbeitnehmer, den „Dritten Weg“ aufzukündigen. Sie taten sich mit Ver.di zusammen, im September wurden Diakonie-Betriebe unter Führung von Ver.di bestreikt – zum ersten Mal überhaupt.

Zwar einigte man sich schließlich doch noch, doch für das Bremer ARK-Mitglied und Mitarbeitervertreter Christof Fantini, ist klar: „Das war das letzte Mal. Der Dritte Weg ist am Ende.“ Der unter seinen Forderungen zurückbleibende Abschluss zeige, „dass man mit diesem Modell schlechtere Löhne bekommt als woanders“. Ohne die Unterstützung von Ver.di hätte es gar keine Einigung gegeben.

Auch die Arbeitgeberseite ist von dem Abschluss nur mäßig angetan. „Wir sehen das mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, sagt Pastor Uwe Mletzko, der stellvertretende Diakonie-Vorsitzende in Bremen. Den Beschäftigten sei die Tarifanpassung „grundsätzlich sehr zu gönnen“. Andererseits erhöhe der Senat seine Zuwendungen im Behinderten-, Alten- und Jugendbereich gerade mal um etwa zwei Prozent. Mehr als die Hälfte der Lohnkostensteigerung müssten die Betriebe 2009 also selber zuschießen. „Wir wissen nicht, wo wir das hernehmen sollen“, sagt Mletzko.

Das Problem wird sich verschärfen. Gemeinsam mit Ver.di wollen die Mitarbeitervertreter schon im Frühjahr die nächsten Lohnforderungen stellen. „Was wir jetzt gekriegt haben, das war nur die Anpassung der letzten Jahre“, sagt Fantini. Die Arbeitnehmergremien haben einstimmig beschlossen, ab 2010 mit Ver.di reguläre Tarifverhandlungen führen zu wollen – Streikrecht inklusive. Lediglich an der Basis sei der Konsens für diesen Kurswechsel „noch nicht ausreichend, daran müssen wir noch arbeiten“, sagt Fantini.

Weitaus mehr Überzeugungsarbeit ist wohl bei den Arbeitgebern zu leisten. Denn dass die Diakonie künftig eine Gewerkschaft als Verhandlungspartner akzeptiert, glaubt Pastor Mletzko nicht. „Die Diakonie hält bundesweit am Dritten Weg fest, denn das ist ein kluger Weg. In dieser Frage gibt es wenig Bewegung.“ Er könne sich jedenfalls „nicht vorstellen, dass da eine große Bereitschaft sein wird, auf Ver.di zuzugehen“, so Mletzko.

Was geschehen wird, wenn sich die Arbeitnehmer im nächsten Jahr der ARK verweigern und wie angekündigt auf den offenen Tarifverhandlungen bestehen? „Dann passiert eben gar nichts mehr. Dann gibt es überhaupt keine Verhandlungen.“