piwik no script img

Archiv-Artikel

Zahlenspiel um Armutsquartiere

Der Senat widerspricht der GAL-Behauptung, achtzehn Hamburger Stadtteile seien vom Aufschwung abgehängt worden. Die Grünen aber sehen durch die Behördenzahlen ihre These von der sozialen Spaltung der Stadt bestätigt

Das wollte der Senat dann doch nicht auf sich sitzen lassen. Eine Woche, nachdem die GAL-Fraktion eine Analyse vorgelegt hatte, nach der der Aufschwung und der Rückgang der Arbeitslosigkeit die 18 ärmsten Viertel der Stadt nicht erreicht hat, holte die Wirtschaftsbehörde gestern zum statistischen Gegenschlag aus.

Da es sich für einen Senator nicht ziemt, mit der kleineren Oppositionspartei in den Clinch zu gehen, ließ Gunnar Uldall (CDU) seinem Staatsrat Gunther Bonz den Vortritt. Dessen Kernthese: Die gute Konjunktur erreiche jedes Quartier, gerade benachteiligte Arbeitslose seien wieder „in Beschäftigung integriert“ worden. Die GAL aber habe mit „irrigen Zahlen“ versucht, Erwerbslosen den Mut zu nehmen.

Bonz beruft sich dabei vor allem auf die Arbeitsmarktstatistik des Jahres 2007, die der GAL zum Zeitpunkt der Erstellung ihrer Untersuchung noch gar nicht vorlag. Danach ging die Arbeitslosigkeit in den von der GAL benannten Quartieren zwischen September 2005 und 2007 um 17,2 Prozent zurück, und damit nur leicht schwächer als im Hamburger Durchschnitt (22,2 Prozent). Besonders der überproportionale Rückgang der Langzeitarbeitslosen (minus 33 Prozent) und der erhebliche Rückgang der Erwerbslosen, die älter als 50 Jahre sind (minus 22 Prozent), zeige, dass die These von der sozialen Spaltung der Stadt nicht haltbar sei.

Anders als Bonz hatte sich die GAL in ihrer Untersuchung aber auf die Zahl der Empfänger von Arbeitslosengeld II berufen. Hier werden auch die Menschen umfasst, die einen Job haben, der ihre Existenz aber nicht sichert, so dass sie auf aufstockende Sozialleistungen angewiesen sind. „Diese Zahl ist in den vergangenen zwei Jahren von 12.500 auf 30.000 Personen angewachsen“, sagt die GAL-Arbeitsmarktexpertin Gudrun Koencke. Da die Behörde nun zudem selbst einräume, dass die Arbeitslosigkeit in den 18 benachteiligten Quartieren weniger gefallen sei als in Gesamt-Hamburg, belege sie nur „dass der Abstand zwischen armen und reichen Stadtteilen größer geworden“ sei.

Die GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch kommentiert die Zahlenspiele der Behörde als „untauglichen“ Versuch, die soziale Spaltung kleinzureden. „Während die CDU sich zurücklehnt und abwartet, dass vom Aufschwung irgendwann auch etwas unten ankommt“, wolle die GAL „in den Stadtteilen, in denen die Probleme am größten sind“, gezielt und in großem Maßstab etwas tun. MARCO CARINI