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Archiv-Artikel

die taz vor 13 jahren über den terror in israel und die abriegelung des gazastreifens

Das israelische Kabinett war sich schnell einig. Als Reaktion auf den schrecklichen Bombenanschlag am Sonntagmorgen bei Netanja, bei dem 18 Menschen getötet wurden, beschloß das Parlament die vollständige Abriegelung des autonomen Gaza-Streifens und der Westbank. Außerdem wurden die Gespräche über die Freilassung weiterer palästinensischer Häftlinge abgesetzt. PLO-Chef Arafat, der nach dem neuen Gewaltakt wieder unter dem Druck steht, die Abtrünnigen aus den eigenen Reihen unter Kontrolle zu bringen, schickte seinerseits die vom israelischen Geheimdienst unterstützte palästinensische Polizeitruppe los, um vermeintliche Mitglieder der für den Anschlag verantwortlich zeichnenden Islamistenorganisation Jihad al-Islami verhaften zu lassen.

Die von der israelischen Regierung beschlossenen Maßnahmen dienen einer Unterbrechung der Gewaltspirale in keiner Weise. Den Gaza-Streifen und die Westbank abzuriegeln bedeutet für 50.000 Arbeiter den Entzug des Lebensunterhalts, den sie in Israel verdienen müssen. Für die politischen Gefangenen in israelischer Haft, die in ihrer großen Mehrheit nicht den Islamisten, sondern der Fatah angehören, verlängern die Regierungsbeschlüsse die Zeit des Freiheitsentzugs. So wächst mit den Familien und Freunden der Gefangenen das Potential derer, die wachsende Sympathien für die militärischen Aktionen der Islamistenorganisationen zeigen. Wollte Israels Regierung den militanten Islamisten ihre Anhängerschaft entziehen, so müßte sie alles daransetzen, die Lebenssituation der Menschen zu verbessern. Die erneute Abriegelung der Palästinensergebiete, durch die im übrigen kein einziger zum eigenen Tod bereiter Islamist gehindert werden kann, Attentate zu verüben, ist deshalb höchst kontraproduktiv. Das Versagen der Politiker trägt seinen Teil dazu bei, daß bis zu einem wirklichen Frieden im Heiligen Land noch viel Blut fließen wird.

Kirsten Maas, 24. 1. 1995