Finale mit Wechsel-Bündnissen

In der letzten Bürgerschaftsdebatte vor der Wahl gab es Abschiede, Wahlkampfgetöse und in Sachfragen unterschiedliche Allianzen. Im Mittelpunkt: die soziale Spaltung der Stadt

VON MARCO CARINI

Die 18. Wahlperiode der Hamburger Bürgerschaft ist zu Ende. Mit einem Wahlkampfendspurt verabschiedete sich das Parlament gestern bis nach der Wahl. Da galt es letzte Punkte für ein gutes Ergebnis zu sammeln und Abschied zu nehmen von einigen vertrauten Politikergesichtern, die das Parlament verlassen.

So zog es einen der prominentesten Abgänge, den GAL-Haushaltsexperten und Edel-Rhetoriker Willfried Maier, zum Abschied noch dreimal hinter das Rednerpult. In der von der CDU angemeldeten Debatte über rot-grüne Wahlversprechen begründete er die millionenschweren Sozialkürzungen, die der letzte rot-grüne Senat durchgesetzt hatte.

Die CDU-Abgeordnete Stefanie Strassburger, die ebenfalls aus der Bürgerschaft ausscheidet, hatte der Opposition zuvor vorgeworfen, dass Rot-Grün allein im Kita-Bereich, bei den Hilfen zur Erziehung und den Allgemeinen Sozialen Diensten mehr als 30 Millionen eingespart habe, nun aber mit unfinanzierbaren Wahlversprechen in dreistelliger Millionenhöhe wieder an die Macht zu kommen versuche.

Während die CDU-Fraktion und Finanzsenator Michael Freytag vor allem die Versprechen von SPD-Kandidat Michael Naumann, der die Debatte von den Zuschauerrängen aus verfolgte, als „Freibiermentalität“ geißelten, kritisierte die SPD den „Sozialkahlschlag“ der CDU, der die „Spaltung der sozialen Stadt“ verstärkt habe – trotz wachsender Steuereinnahmen.

„Wahrheit statt Wohltaten“, forderte der CDU-Abgeordnete Andreas Mattner von den Sozialdemokraten, deren Fraktionschef Michael Neumann zu beweisen versuchte, dass ihr „ambitioniertes Programm“ – von der Abschaffung von Studiengebühren und Büchergeld bis zur Einrichtung kostenloser Kita-Plätze – solide finanziert sei. Seine einfache Rechnung: Die 250 Millionen Euro, die die SPD brauche, um ihre Wahlversprechen zu finanzieren, seien durch vom Senat prognostizierte Steuermehreinnahmen von über 1 Milliarde Euro bis 2012 allemal vorhanden. „Diese Mehreinnahmen sind in der mittelfristigen Finanzplanung bereits verplant – sie betreiben hier eine Doppelbuchung“, fuhr ihm prompt Finanzsenator Freytag in die Parade.

Schwerpunkt der zweiten Parlamentsdebatte: das Senatsprogramm „Lebenswerte Stadt“, mit dem jährlich zehn Millionen Euro in Hamburgs benachteiligte Quartiere gepumpt werden soll. GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch ging auf demonstrative Distanz zu allen schwarz-grünen Koalitionsspekulationen, indem sie Bürgermeister Ole von Beust (CDU) „Zynismus“ attestierte: Er „verleugne“ die soziale Spaltung der Stadt nach wie vor standhaft.

Jan Quast (SPD) warf dem Senat vor, mit seinem „Feuerwehrprogramm“ kurz vor der Wahl den ärmsten Stadtteilen nur „einen Bruchteil dessen“ zurückzugeben, was er den Quartieren seit 2001 genommen habe, um die Hafencity zu finanzieren.

Weitere Themen des gestrigen Legislaturausklangs: zwei Anträge der CDU, die Planungen für die Ortsumgehung Finkenwerder und die Elbvertiefung zügig voranzutreiben. Rot-grüne perspektiven waren in den Debatten nicht zu erkennen: Beide Anträge wurden von CDU und SPD gegen die Stimmen der GAL angenommen. Rot-grüne Einigkeit dagegen herrschte in der Aussprache über die Volkspetition gegen das geplante Kohlekraftwerk Moorburg.