Energielücke
: Europas Stromfabrik

Die Handelskammern haben Recht: Wenn alles andere bleibt, wie es ist, und die Atomkraftwerke abgeschaltet werden, dann geht im Norden das Licht aus – oder wenigstens der Ofen. Aber das sind unzulässige Prämissen.

KOMMENTAR VON JAN KAHLCKE

Der Energieverbrauch muss drastisch sinken, wenn die Erde bewohnbar bleiben soll. Private Haushalte können dazu etwas beitragen, aber der Löwenanteil muss von der Industrie als größtem Verbraucher kommen. Das erfordert gewaltige Investitionen, die bei steigenden Energiepreisen ebenso amortisieren wie die der Kraftwerksbetreiber.

Außerdem wächst die Produktion regenerativer Energie. Offshore-Windräder werden dazukommen. Dann gibt es riesige Überkapazitäten. Intern rechnen die Stromkonzerne längst damit, dass die Windenergie dem Strom aus immer teureren fossilen Brennstoffen auch preislich Konkurrenz macht.

Warum sie trotzdem neue Kohlekraftwerke bauen wollen? Ganz einfach: Den Ländern in Mittel- und Osteuropa wird mittelfristig ein enormes Wirtschaftswachstum vorhergesagt. Und sie haben keine Küste, an der sich Windräder aufstellen ließen. Ein neuer Exportmarkt. Der Norden, über dessen Seehäfen man jede Menge Kohle aus aller Welt anliefern kann, wird zur Stromfabrik für ganz Europa.

Darüber wird heute entschieden – nicht über die Versorgungssicherheit vor der Haustür.