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Archiv-Artikel

Heulen und Zähneklappern in Lübeck

Der Regionalligist VfB Lübeck beantragt Insolvenz. Vier Millionen Euro Schulden drücken den Fußballclub, die Agentur für Arbeit bezahlt nun die Spielergehälter. In Lübeck ist der Neubeginn in der vierten Liga in Gefahr

Das Spiel ist aus, der schleswig-holsteinische Traditionsclub VfB Lübeck fast am Ende. Der finanziell schwer angeschlagen Fußballverein, derzeit Vorletzter der Regionalliga Nord, hat am Mittwoch Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens eingereicht. „Wir streben nun ein Insolvenzplanverfahren an, alle Entscheidungen liegen in der Hand des Insolvenzverwalters“, beschreibt VfB-Präsident Wolfgang Piest die Situation.

Das Wetter gab den Ausschlag, dass der 1919 gegründete Verein jetzt den Schritt in die Insolvenz gehen muss. Nachdem vergangenes Wochenende das Spiel gegen Düsseldorf wegen Unbespielbarkeit des Platzes, und damit auch die eingeplante Einnahme ausfiel, zeigte sich in allen Kassen Ebbe. Der VfB konnte die Sozialversicherungsbeiträge für die anstehenden Gehaltszahlungen nicht überweisen. Damit wurde der Gang zum Amtsrichter für Piest unausweichlich, wollte er nicht ein Verfahren wegen Insolvenzverschleppung riskieren.

Um die Kosten für die laufende Saison zu decken, fehlen dem Club trotz einer seit Monaten laufenden Rettungskampagne 380.000 Euro. Die Gesamtschulden des Vereins sollen rund vier Millionen Euro betragen. Die Bemühungen des Präsidiums, neue Sponsoren zu finden, verliefen ergebnislos. „Wir haben zuletzt wieder zwei Absagen von Großfirmen erhalten“, räumt Wolfgang Piest resigniert ein. Auch Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) habe in den vergangenen Wochen vergeblich bei Sponsoren vorgesprochen.

Zum Insolvenzverwalter wurde der Hamburger Fachanwalt für Insolvenzrecht Mark Zeuner bestimmt. Er muss jetzt jeden Euro absegnen, den der Traditionsclub ausgibt. „Wir hoffen, dass wir die Saison regulär zu Ende zu spielen können“, sagt Piest. Die Chancen dafür stehen gut. Nach dem Insolvenzantrag werden für drei Monate sämtliche Spielergehälter – mit insgesamt 270.000 Euro der größte Ausgabenposten – von der Agentur für Arbeit übernommen.

Zeuners Aufgabe ist es, zu verhindern, dass das Insolvenzverfahren noch vor Saisonende eingeleitet wird. Denn in diesem Fall drohen sowohl dem VfB, wie der gesamten Regionalliga Nord weitreichende Konsequenzen. Der Traditionsverein würde keine Lizenz für einen Neubeginn in der vierten Liga bekommen und im schlimmsten Fall bis in die Kreisklasse nach unten durchgereicht. Zudem würden alle Regionalligaspiele mit Lübecker Beteiligung sofort annulliert werden. Damit würde die aktuelle Tabelle vollkommen durcheinander gewürfelt werden, und es stiege nach derzeitigem Tabellenstand nicht Rot- Weiß Oberhausen, sondern Düsseldorf in die Zweite Bundesliga auf.

Doch Piest hofft noch immer, eine Eröffnung des Insolvenzverfahrens abzuwenden, und mit dem VfB Lübeck in der kommenden Spielzeit einen Neuanfang in der Viertklassigkeit wagen zu können. Voraussetzung dafür ist, dass die Hauptgläubiger des Vereins, die ehemaligen Wirtschaftsräte Schütt und Kampmann, in den kommenden Tagen einen weitgehenden Forderungsverzicht, zumindest aber eine langfristige Stundung ihrer Außenstände erklären. Viel Zeit bleibt den Lübeckern nicht mehr. Bereits bis kommenden Dienstag muss der VfB eine Spiellizenz für die vierte Liga beantragen und ein solides Finanzkonzept vorlegen. MARCO CARINI