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Archiv-Artikel

Machtkampf bei TUI

Auf der Hauptversammlung der TUI AG kommt es am Mittwoch zum einmaligen Showdown zwischen einem norwegischen Großaktionär und den Anhängern des Vorstandschefs. Der Ausgang ist unklar

VON KAI SCHÖNEBERG

Nach dem Abgang von Klaus Zumwinkel bei der Post ist er der dienstälteste Chef eines Dax-Unternehmens. Seit 1994 führt Michael Frenzel den einstigen Rohstoffkonzern, der damals noch Preussag hieß, auf vielen Umwegen hin zur heutigen TUI AG, einem Unternehmen mit knapp 22 Milliarden Euro Umsatz, 54.000 Mitarbeitern und einer “Zwei-Säulen-Strategie“. Dass der gleichzeitige Verkauf von Reisen und Reedereidienstleistungen nicht rentabel genug ist, wurde dem 61-Jährigen von seinen Aktionären immer wieder zur Last gelegt. Nun könnten nicht etwa die berüchtigten Fonds-Heuschrecken, sondern ein gleichsam renditesüchtiger Großaktionär das unrühmliche Ende seiner Amtszeit einleiten.

Kampfarena ist das Congress Centrum in Hannover, wo am morgigen Mittwoch die Hauptversammlung tagt. Hier könnten zum ersten Mal in der Dax-Historie Aktionäre den Aufsichtsrat eines im Index gelisteten Großunternehmens aus dem Amt jagen, Jürgen Krumnow. Frenzels Abgang in Folge wäre absehbar.

Selbst Experten vermögen derzeit nicht zu sagen, wer die Schlacht um die Macht bei der TUI gewinnt. Der wegen ruppiger Methoden bekannte TUI-Großaktionär John Frederiksen hat Frenzel in der Vergangenheit nicht nur häufig attackiert, der norwegische Großreeder sagt auch, er habe für das Aktionärstreffen genug Stimmen für seinen Coup gesammelt. Frederiksen ist mit knapp zwölf Prozent größter Einzelaktionär der TUI, will aber genug Klein-Teilhaber und Fonds auf seine Seite gebracht haben, um den „Wertevernichter“ Frenzel zu stürzen. Zudem fordert er zwei Aufsichtsratsmandate. Dagegen stehen die Frenzel-Freunde, der russische Stahlmilliardär Alexej Mordaschow mit etwas mehr als zehn Prozent sowie die spanische Riu-Gruppe, spanische Sparkassen, außerdem zersplitterte Einzel-Lager.

Fragwürdig sind Frederiksens Motive. Eigentlich hat der TUI-Chef die Hauptforderung des Norwegers erfüllt. Um eine „unkontrollierte Entwicklung“ zu stoppen, nämlich die Zerschlagung des Konzerns von außen, kündigte Frenzel im März den Verkauf der renditeträchtigen Reederei Hapag-Llyod an. Und damit auch das Ende der Zwei-Säulen-Strategie der TUI, die 1998 mit dem Kauf der Hamburger erst begonnen hatte.

Ob mit Deutscher Bahn oder Hamburger Investoren eine „nationale“ Lösung für Hapag-Llyod zustande kommen könnte, ist ungewiss. Nicht das „Best-Price-Prinzip“, sondern das „Best-Owner-Prinzip“ müsse beim Verkauf der auf fünf Milliarden Euro geschätzten Container-Reederei im Vordergrund stehen, forderten die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat. Sie lehnen den Verkauf ab, weil sie um die 4.000 Jobs bei Hapag-Llyod fürchten. Frederiksen wolle nach der Machtübernahme bei der TUI, mit dem Verkauf „das schnelle Geld mit einer größtmöglichen Rendite machen“. Folgen: „eine nicht hinnehmbare negative Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit und große Verunsicherung in den Belegschaften“.

Fredriksen hat fast eine Milliarde Euro in die TUI investiert – und will endlich Kasse machen. Der Aktienkurs könnte besser stehen, wenn der Frenzel-Vertraute Krumnow nicht mehr an der Spitze des Aufsichtsrats stünde, polterte der Milliardär. Das Kontrollgremium sei zudem in der Schifffahrt nicht erfahren genug, um den Hapag-Lloyd-Deal zum Jubel der Aktionäre abzuwickeln. Auf die Frage, warum er nicht die Absetzung des Vorstandschefs Frenzel anstrebe, sagte der Norweger: „Man kann den Vorstandschef auswechseln oder den Vorsitzenden des Aufsichtsrats. Wir sind der Meinung, man sollte ganz oben anfangen.“