: Ein moderater Erneuerer
Betr.: „Der Moderne verpflichtet“, taz nord vom 23. 7. 2008
Meiner Auffassung nach war Gustav Oelsner eher ein moderater Erneuerer, der eben nicht „radikal“ neu bauen wollte, im Gegenteil. Die bauliche Qualität seiner Sozialwohnungen wurden sicher auch durch einen Dialog mit der Baugeschichte und durch seine „handwerkliche“ Ausbildung vor der Brutalität des Ersten Weltkrieges ermöglicht. Gustav Oelsner knüpfte an die Jugendstil-Moderne an und entwickelte diese pragmatisch weiter. Seine Bauten musste er unter den schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen der 20er Jahre realisieren. Auch sollten aus meiner Sicht die Bauten von Gustav Oelsner nicht mit den städtebaulichen Verheerungen der 60er und 70er Jahre in Verbindung gebracht werden. Der Brutalismus der Großprojekte jener Jahre hat zu keinem Zeitpunkt an die Qualität der Reformarchitekten anknüpfen können. Bis heute leiden viele Anwohner unter den Spätfolgen dieser baulichen Fehler. Eine (selbst-)kritische und vielfältige Moderne könnte sicher die Wiederherstellung maßvoller und menschlicher Stadträume durch ein eher kleinteiligeres Straßen- und Bebauungsmuster in der Stadtmitte ermöglichen und die Lebensqualität für die Menschen deutlich verbessern.
MARKUS ERICH-DELATTRE, Hamburg