urdrüs wahre kolumne
: Füße im Beton

Einen polymorph perversen Gourmet traf ich dieser Tage in einem Zug auf der Strecke nach Hildesheim. In der einen Hand ein Subway-Baguette mit Thunfisch, dazu eine Pulle „Faber Light“ und neben sich einen Plastikbecher Marshmallows, aus dem er mir zur gefälligen Bedienung anbot, nachdem er wohl meine Aufmerksamkeit für die kulinarische Melange bemerkt hatte. Dazu las er beiläufig im Focus. Insgesamt wirkte er mit seinem Studienrats-Cordanzug wie ein grüner Landtagsabgeordneter, aber dann wäre er wahrscheinlich auf Freifahrt-Ticket gefahren.

Wie die niedersächsische Meyerwerft in Papenburg seit Jahren die niedersächsischen Planer zu immer kriminelleren Verbiegungen des geltenden Rechts für die produktionsgerechte Kloakisierung der Ems zwingt, ist ein Musterbeispiel dafür, was passiert, wenn man einem prinzipiell biederen und grundanständigen Menschen wie dem Unternehmenschef Bernhard Meyer keine Grenzen setzt: Würden nicht ganze Ministerialabteilungen rückhaltlos in seinen Mastdarm krabbeln – er hätte längst klaglos den Umzug nach Emden vollzogen und die größten Cruiseliner der Welt bauen können, ohne dem emsländischen Herrgott ins Handwerk zu pfuschen.

Und wieder mal treibt seine weitgehend unerwiderte Liebe zur leichten Muse Thomas Blaeschke von der Bremer Musical Company an, seine Jungs und Mädchen zur Truppenbetreuung in Afghanistan zu führen, „um den Soldaten ein paar schöne Stunden zu bescheren“. Spätestens wenn sich der erste talibanesische Kritiker zu Wort oder was auch immer meldet, wird ein Heulen und Zähneklappern sein in den Familien der Akteure, die im Grunde doch gar nicht wissen, was ihre junge Brut da erwartet. Falls doch – wo bleibt das Jugendamt?

Vermutlich ist der Geschmack der Hamburger Christdemokraten und erst recht der GALier viel zu stylisch, als dass sie sich durch Schrankwände, Polstergarnituren oder Sideboards von der Möbelhaus-Stange bestechen ließen, um bestimmte Investoren am Markt zu bevorteilen. Warum die Koalitionäre das aber nun offenbar doch gemacht haben, soll an dieser Stelle nur als Frage aufgeworfen werden – die zu beantworten im Falle Moorburg vermutlich noch viel interessanter wäre: Irgendwann wachen da noch mal Leute mit den Füßen im Beton auf. Dann aber bitte kein Jammern!

Im Kleinanzeigenteil auch dieses Blattes werden immer wieder junge und nicht ganz so junge Leute verleitet, in fragwürdige Ausbildungen therapeutischen oder esoterischen Hintergrunds echtes Geld zu investieren. Manche Großmutter gab ihren Sparstrumpf für angehende „qualified rebirthers“ oder Atemtherapeuten, um dann auf dem Sterbebette zu erfahren, dass die Investition dem Kai oder der Birte überhaupt nichts gebracht hat. Da sei doch an dieser Stelle mal auf eine wenigstens kompakte Fortbildung verwiesen, die sich zumindest in der eigenen Familie auszahlen könnte: Die Ebam Gmbh – „Business Akademie für Medien, Event und Kultur“ – bietet ab November unter dem Motto „Romantik als Beruf“ auch in Hamburg den viertägigen Lehrgang „Wedding Planner“ an. Wer damit nicht reüssiert, kann ja immer noch versuchen, reich zu heiraten, empfiehlt ULRICH „Brautvater“ REINEKING

Für ULRICH REINEKING, Journalist und Kabarettist, wird die alte Weisheit, nichts von Fremden anzunehmen, überschätzt.