: Ein Gespenst geht um bei Wulff
Sommerloch-Theater: Niedersachsens Ministerpräsident warnt vor der Linkspartei. Wegen der Vergangenheit einzelner Mitglieder hält er dort den Kommunismus für allgegenwärtig. Die SPD in Hamburg hat die linke Klientel aufgegeben
In vier von fünf Landesparlamenten im Norden gibt es Fraktionen der Linkspartei. In Schleswig-Holstein finden die Wahlen zum Landtag erst 2009 statt. Während der Linken in der Bremer Bürgerschaft und im niedersächsischen Landtag nur eine klassische Oppositionsrolle zufällt, hätte „Die Linke“ in Hamburg durchaus das Zünglein an der Waage spielen können – ähnlich wie in Hessen. Zusammen mit der SPD (34,1%) und den Grünen (9,6 %) hätte „Die Linke“ mit ihren 6,4 Prozent einen Politikwechsel herbeiführen können. Unter gewissen Bedingungen wäre sie bereit gewesen, einen rot-grünen Senat zu tolerieren. In Mecklenburg-Vorpommern war eine Regierungs-beteiligung der PDS an einer rot-roten Regierung acht Jahre lang eigentlich kein Problem – wenn, eher eines für „Die Linke“, die Stimmen einbüßte. PEMÜ
VON PETER MÜLLER
„Ein Gespenst geht um in …“ – Europa wäre etwas zu viel gesagt. Aber für die Bundesrepublik gilt der Klassiker von Karl Marx in der Einleitung des Kommunistischen Manifests mehr denn je – zumindest aus Sicht des CDU-Ministerpräsidenten Niedersachsens, Christian Wulff. Sollte die Partei „Die Linke“ mit den Grünen einer SPD-Ministerpräsidenten zum Amt verhelfen, sieht er die Bedrohung der Freiheit durch den Kommunismus in Form der DDR-SED wiederkehren – und seine Parteifreundin, Bundeskanzlerin Angela Merkel, in arge Bedrängnis geraten.
„Ich fürchte um Deutschland und weiß wohin die Reise der Linkspartei geht“, sagte der Wulff prophetisch der Bild am Sonntag. Wenn sich die SPD-Abgeordnete Andrea Ypsilanti mit den Stimmen der Linken und Grünen zur Ministerpräsidentin wählen ließe, sei „der Richtungswahlkampf eröffnet“, sagte Wulff zu dem Boulevard-Blatt. Das Ende der großen Koalition sei dann nicht mehr abzuwenden „Irgendwann muss es gut sein, mit dem Ego-Trip und Machtversessenheit“, ermahnte Wulff Ypsilanti.
Doch auf diesem Ego-Trip war gerade der CDU-Hardliner Roland Koch im Hessen-Wahlkampf gewesen, in dem er mit rassistischen Wahlkampfparolen die ganze Republik in Entsetzten versetzte und eine herbe Niederlage kassierte.
Und noch ein Abstiegskandidat meldete sich via Bild zu Wort. Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) fürchtet um die Macht, weil seine Partei 2004 nur knapp gegen die SPD gewann. Sein Vorgänger Oskar Lafontaine (SPD) war in die Berliner rot-grüne Bundesregierung gewechselt und fetzte sich mit dem ex-hannöverschen Bundeskanzler Gerhard Schröder um die Agenda 2010. Inzwischen ist der beliebte Lafontaine als Spitzenkandidat der Linkspartei ins Saarland zurückgekehrt.
In mancher Rathaus-Lounge im Norden macht man Witze, wer nach der Wahl denn eigentlich wen tolerieren muss: Die SPD einen Linkspartei-Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine? Dass sich nun alles an Ypsilanti abarbeitet, und nicht Hamburgs Sozis als Vorreiter eines linken Politikwechsels gelten können, lag vor allem an dem Starrsinn des hanseatischen SPD-Spitzenkandidaten Michael Naumann, der kategorisch „Njet“ zu Rot-Rot-Grün gesagt hatte. Inzwischen ist er von der Politik-Szene abgetreten und die Sozis bedauern hinter vorgehaltener Hand, dass sie eine Chance verpasst haben und ihre jetzige Situation gar nicht rosig ist. „Ein Konzept einer wirkungsvollen Opposition haben wir eigentlich nicht“, sagt ein Insider.
Die Amokläufe der vergangenen Wochen können nur als Versuch führender Sozialdemokraten verstanden werden, der grünen „Ex“ nachzusetzen – vielleicht aus Trauer, vor einer Traumhochzeit den grünen Ehepartner an die CDU verloren zu haben. So hatte zum Beispiel der Innenpolitiker Andreas Dressel jüngst das Verbot den Klima- und Antira-Camps in Hamburg gefordert, da es im Vorfeld zu Sachbeschädigungen gekommen war. Im Innenausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft kritisierte Dressel den schwarz-grünen Senat, dass am 1. Mai eine vom DGB, Antifa-Gruppen und den Kirchen organisierte Demo gegen einen Neonazi-Aufmarsch nicht aufgelöst worden sei. Zudem läuft Dressel gegen eine schwarz-grüne Koalitionsvereinbarung Sturm, nach der Demonstrationen stets an den Ort des Adressaten gelangen sollten. „Wenn Hör- und Sichtweite heißt: in Steinwurfweite, dann ist das ein Skandal.“ Inzwischen geben die Sozis in Gesprächen mit der Linken offen zu, dass sie ihr das Feld links der Grünen überlassen wollen, um sich auf Stimmenfang bei der CDU-Klientel zu machen.
Daher ist für Hamburgs Grüne das hessische rot-rot-grüne Gedankenspiel eine Option. „Eine solche Konstellationen wird von der Basis bundesweit sehr gern gesehen“, sagt ein Grünen-Funktionär aus dem Senats-Umfeld: „Damit könnte das schwarz-grüne Experiment für die Legislaturperiode gefestigt werden, ohne dass danach andere Optionen nicht möglich und nicht gewollt wären.“