piwik no script img

Archiv-Artikel

Vor Musik triefend

Mit Polka und Walzer Kinder gefesselt: Familienkonzert stand ganz im Zeichen von Johann Strauß (Sohn)

Mit fester Hand und witzigen Reaktionen sortiert Simsa die Dinge

taz ■ Eine Polkaprobe, einen Polkaauftritt – mit einigen der kleinen ZuschauerInnen –, eine Gesangsprobe inklusive Einstudierung einer ganzen Strophe, einen Walzerauftritt mit Eltern, das Vorstellen der Musikinstrumente, das Erzählen der Biografie von Johann Strauß junior,die Befragung der Kinder, Anleitung zum Mitklatschen und vieles mehr– es ist schier unglaublich, was der Wiener Marko Simsa alles in eine Stunde mit gut 300 wuselnden Kindern im kleinen Glockensaal hinbekommt.

Der Schauspieler und Regisseur ist mit seinen unterschiedlichen Präsentationen von klassischer Musik für Kinder bereits des öfteren gern gesehener Gast in Bremen gewesen. Diesmal arbeitete er für das fünfte Familienkonzert erstmals mit dem „Bremer Kaffeehausorchester“ zusammen.

Die fünf Musiker interpretierten die in ihrem Genre unschlagbare Musik des Walzerkönigs Johann Strauß Sohn mit Präzision, Pfiffigkeit und – manchmal etwas gelernt wirkenden – eifrigem Einklinken in die Erzähl- und Moderationskonzepte Simsas. „Radetzky-Marsch“, „Tritsch-Tratsch-Polka“, „Unter Donner und Blitz“, „An der schönen blauen Donau“: Ein Hit jagte den anderen. Die Zeit verging im Fluge. Dabei wirkte das alles ruhig und ausgewogen. Es war keinerlei Hetze bei dieser Vielfalt, die sich letztlich nur einem einzigen Thema verdankte: den Tänzen von Johann Strauß, über den Johannes Brahms sagte: „der trieft vor Musik.“

Gespannt hörten die Kinder zu. Nur einer Zweijährigen wurde es zwischendurch langweilig; sie drehte sich um und grüßte die anderen huldvoll mit zart winkender Hand. Meist sieht man mehr solcher Unkonzentriertheiten. Nicht so jedoch bei Marko Simsa, der mit fester Hand und ungemein schnellen, witzigen Reaktionen die Dinge sortiert.

Die Resonanz im überfüllten Saal zeigt, welche Lücken in der Musikpädagogik für Kinder geschlossen werden müssen. Die Schulen jedenfalls kommen dieser Aufgabe zunehmend nicht mehr nach. Mit niveauvollen Veranstaltungen wie den Familienkonzerten im kleinen Glockesaal aber wird Nachwuchs fürs Musikpublikum gefördert: Mehr noch, der ein oder andere Wunsch nach dem Spielen eines Musikinstrumentes zieht auch in Familien ein, in denen das nicht selbstverständlich ist. Das nächste Familienkonzert findet am 9. Februar um 11 Uhr statt: Da kann man zehn Kontrabässe auf einmal sehen und spielen hören.

Ute Schalz-Laurenze