: geläufig Das Flimmern in den Augen
„Wozu diese lächerlichen Berichte über die Unendlichkeit? Die blauen Rauschgeräusche sind mit einem Knopfdruck zu beenden, nicht so die Bilder. Das Flimmern in den Augen hält an, ich sehe vorbei. Wir sehen einander auf das Gesicht, und ich versuche, mit meinen philosophischen Wörtern, ja Wörter, nicht mehr, wenigstens über deine Wangen zu streichen. Der Gang zum Bett eine Gewohnheit, das Leben nichts als Schlaflosigkeit; sinnvoll die Nachtstunden des Liegens, als Übung für später.“ Diese schönen, ein Paardrama einleitenden Sätze stammen aus der Literaturzeitung Wandler, Karin Wöhrle veröffentlichte sie dort. Und Karin Wöhrle flaniert nicht nur durch die Wohnung, sie wandelt auch durch die Stadt. Nun ist sie mit Lars Jordan, Boris Klabunde, Sabine Schönfeldt, Stefan Naumann, Martin Jankowski, Jana Scheerer und Hanna Engelmeier, die allesamt ihre Schriftstellerkollegen sind, aufgebrochen, um mit dem „Projekt Hörgang“ die Kastanienallee zu erkunden und erkundbar zu machen. Im Eisdieler, im Lichtblick-Kino, beim Systemkreis r12, im God Bless You, beim Friseur „Notaufnahme“ und im Buchladen „Schwarze Risse“ werden jeweils ein paar von ihnen aus verschiedenen, dem Ort angemessenen, Texten lesen – zu unterschiedlichen Zeiten, so dass das Publikum gezwungen ist, die Allee mit ihnen oder auf der Suche nach ihnen auf und ab zu spazieren. Auf diese Weise wird Literatur beweglich, der starre Text fließt, die Grenzen verschwimmen. Und „das Flimmern in den Augen hält an“.
Kastanienallee ab 21 Uhr