: Presse frei, Journalist tot
Seit die Pressefreiheit in Mosambik Verfassungsgut wurde, kämpfte der Journalist Carlos Cardoso gegen Korruption. Er wurde ermordet, als er an der Aufdeckung eines Bankenskandals arbeitete
von MARTINA SCHWIKOWSKI
Mosambiks Präsidentensohn Nyimpine Chissano steht unter Verdacht. Zusammen mit zwei Geschäftspartnern soll er die Ermordung des Journalisten Carlos Cardoso, der im November 2000 erschossen wurde, geplant haben. Wegen dieses Mordes drohen insgesamt sechs Angeklagten bis zu 24 Jahre Haft. Doch wenn das Urteil Morgen gesprochen wird, wird Chissano nicht ins Gefängnis müssen – denn er gehört nicht zu den Angeklagten.
Trotzdem beteuerte er auch dieses Mal – wie bereits bei Beginn der Gerichtsverhandlungen Ende vergangenen Jahres – seine Unschuld. Denn die Staatsanwaltschaft fordert, dass seine Rolle in diesem Fall separat weiter untersucht wird.
Cardoso dominierte die Journalistenszene in Mosambik und war bekannt für seinen Kampf für Pressefreiheit und für die Aufdeckung zahlreicher Skandale und Korruptionsaffären. Er zählte zu den Gründern zweier unabhängiger Zeitungen, die zu Beginn der 90er-Jahre erstmals erschienen, nachdem eine neue Mehrparteien-Verfassung verabschiedet worden war, die auch das Recht auf freie Meinungsäußerung verankerte.
Bis zu seiner Ermordung vor zwei Jahren arbeitete Cardoso daran, einen Korruptionsskandal aufzudecken, der eine der größten staatlichen Banken des Landes betrifft: 14 Millionen US-Dollar waren 1996 kurz vor der Privatisierung der Bank verschwunden.
„Über den Bankenskandal, dessen Untersuchung Cardosos Leben kostete, berichteten alle Zeitungen, egal welcher politischen Richtung. Selbst die regierungstreuen – darunter die größte Tageszeitung Noticias – haben den Fall ausführlich verfolgt“, sagt Alfredo Lebombo, Direktor des Medieninstitutes im Südlichen Afrika in Maputo. „Unabhängigere Zeitungen haben eigene Untersuchungen vorgenommen, die zur Beschuldigung Chissanos führten und weitere Unstimmigkeiten aufdeckten.“ Live-Berichterstattung aus dem Gerichtssaal habe dafür gesorgt, dass dem Publikum nichts verborgen blieb.
Lebombo bezeichnet die mosambikanische Zeitungslandschaft als vielfältig und sieht die Pressefreiheit weitgehend eingehalten. „Doch für den Kauf von etwa drei verschiedenen Zeitungen müssen die Leute zwei bis drei US-Dollar bezahlen. Das können sich die meisten nicht leisten.“ Neben privaten Radiostationen in den Städten bleibt daher das staatliche Radio Moçambique für viele Mosambikaner in ländlichen Gegenden Hauptquelle der Information.
Im Fall Cardoso haben drei der sechs Angeklagten bereits gestanden, an Cardosos Erschießung beteiligt gewesen zu sein, doch sie behaupten, auf Anweisung Chissanos gehandelt zu haben. Die anderen werden beschuldigt, bei Treffen zur Planung des Mordes dabei gewesen zu sein. Als Beweisstücke im Mordfall dienen sieben Schecks, die von Chissano unterzeichnet sind. Geldleiher Abdul Satar behauptet, Chissano habe ihn mit der Bitte um ein Darlehen aufgesucht, das er mit den jetzt dem Gericht vorliegenden Schecks zurückzahlen wollte. Dass das Darlehen zur Bezahlung der Mörder Cardosos gedient haben soll, habe Satar erst nach seiner Verhaftung erfahren.
Chissano weist alle Anschuldigungen zurück. Er wisse nicht, wie seine Schecks in Satars Hände geraten seien. Er habe sie auf das Konto seiner Reiseagentur als Sicherheit für eine Geldanleihe für Geschäftszahlungen ausgestellt, die jedoch nicht bei Satar, sondern bei einer Geschäftspartnerin gemacht worden sei. Die jedoch bestätigt verschiedene Transaktionen zwischen Chissanos Reiseagentur und dem Geldleiher, der als berüchtigter Kredithai gilt. Während der Gerichtsverhandlung war es zwischen Chissano und Satar zu dramatischen Wortgefechten gekommen.
Der Fall Cardoso wird mit dem morgigen Urteil also noch nicht endgültig geklärt sein. „Es ist sicher erst der Anfang zahlreicher Machenschaften, die hoffentlich noch aufgedeckt werden“, sagt Lebombo.