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Archiv-Artikel

Friedensprozess bricht zusammen

In der Elfenbeinküste lehnen nach der Armee auch der Innenminister und die zwei größten politischen Parteien die Friedensvereinbarungen von Marcoussis ab. Die Rebellen drohen mit neuem Krieg, um das Abkommen durchzusetzen

von DOMINIC JOHNSON

Knapp eine Woche nach der Unterzeichnung scheint das Friedensabkommen für die Elfenbeinküste, das Regierung und Rebellen am 24. Januar in Frankreich vereinbart hatten, bereits gescheitert zu sein. „Das Abkommen ist null und nichtig“, sagte Innenminister Yao Paul N’dre in einem Interview, das gestern Schlagzeilen in der regierungstreuen Presse der Hauptstadt Abidjan machte. Es sei eine „Provokation“, den Rebellen die Posten des Innen- und des Verteidigungsministers in der geplanten Regierung der Nationalen Versöhnung zu geben.

Genau dies hatte die Regierung von Präsident Laurent Gbagbo letzte Woche bei den Friedensgesprächen in Frankreich mit den Rebellen, die über die Hälfte des Landes kontrollieren, und den politischen Parteien der Elfenbeinküste vereinbart. Die Armeeführung hatte das Abkommen schon Anfang dieser Woche als „erniedrigend“ abgelehnt, während Gbagbo nach seiner Rückkehr aus Paris den dort von ihm selbst verkündeten Friedensvertrag zu einem „Vorschlag“ umdefiniert hatte.

Seit Sonntag demonstrieren in Abidjan täglich Regierungsanhänger gegen das Friedensabkommen. Sie haben mehrere französische Einrichtungen verwüstet und Ausländer sowie Angehörige nordivorischer Ethnien angegriffen, während die Polizei in zwei nächtlichen Operationen Slumviertel westafrikanischer Einwanderer in Brand steckte. Gestern früh trafen die ersten 264 evakuierten Franzosen aus Abidjan in Paris ein.

Die radikalen Gbagbo-Anhänger halten den Friedensvertrag für ein Diktat Frankreichs, das mit 2.500 Soldaten in der Elfenbeinküste präsent ist. Die von den Sicherheitskräften geduldeten gewaltsamen Proteste in Abidjan machen es ohnehin unwahrscheinlich, dass je Mitglieder der Rebellen zum Eintritt in eine Regierung in die Hauptstadt reisen. Dies würde den Schutz der französischen Eingreiftruppe benötigen. Aber wie ein französischer Sprecher gestern sagte, sieht es Frankreich nicht als seine Aufgabe an, das Friedensabkommen durchzusetzen.

Am Mittwochabend lehnten auch fünf politische Parteien der Elfenbeinküste in einer gemeinsamen Erklärung die Aufnahme der Rebellen in die Regierung ab. Die Parteien – darunter die regierende FPI (Ivorische Volksfront) und die frühere Staatspartei PDCI (Demokratische Partei) – behaupten, die Vergabe der Innen- und Verteidigungsministerien sei nicht in den Friedensgesprächen von Marcoussis vereinbart worden, sondern beim späteren Staatengipfel in Paris am 25./26. Januar von den anwesenden Präsidenten im Alleingang beschlossen worden. Diese Version hat Senegals Präsident Abdoulaye Wade bereits bestritten, der in Paris dabei war.

Die Rebellen dagegen sonnen sich jetzt in der Position der Legalisten, die als Einzige am international anerkannten Friedensplan festhalten. In Bouake, der Hauptstadt der größten Rebellenbewegung MPCI (Patriotische Bewegung der Elfenbeinküste), demonstrierten am Mittwoch 70.000 Menschen für den Friedensvertrag. In einer Erklärung warnt die MPCI vor einem schleichenden Militärputsch in Abidjan und droht mit Gegenmaßnahmen. Militärs und Aktivisten der Regierungspartei FPI seien in Abidjan im Begriff, „eine Subversion zu organisieren“, so die Rebellen. Die Soldaten der Regierung werden aufgerufen, „sich auf die Seite der Regierung der nationalen Versöhnung zu stellen“. Falls sie das nicht tun, „verpflichtet die MPCI sich, sie zu jagen, um überall in der Elfenbeinküste Ruhe und Ordnung wiederherzustellen“. Was diese Drohung genau heißt, wird sich zeigen, wenn die MPCI-Führung aus Frankreich ab heute in ihr Territorium zurückkehrt.