: ProSieben verliert
Das Sorgenkind von Haim Saban ist nicht Sat.1, sondern der ehemals so erfolgreiche Jugendsender mit den US-Hits. Deshalb setzen wir auf Vox
VON STEFFEN GRIMBERG
Ja, 20 Jahre hat Deutschlands Privatfernsehen nun auch schon auf dem Buckel. Doch wenn man von all den Reminiszenzen um die genauen Spielregeln von „Tuttu Frutti“ und die legendären Programmübersichten („Vollprogramm täglich ab 16.45 h über den Nachmittag und Abend“) mal ablenken darf: Auch 2003 hatte es für die Privaten in sich. Der Verlierer heißt dabei – nein, nicht Sat.1. Sondern ProSieben. Und der Gewinner – Vox.
Denn auch wenn Sat.1 nach dem Rausschmiss des erfolgreichen Senderchefs Martin Hoffmann und der „Kreativpause“ von Harald Schmidt ein kurzfristiges Image-Tief zu verkraften hat: Die Werbeindustrie verteilt ihre Milliarden eher langfristig – und gestützt auf die Einschaltquoten in der gläubig hingenommenen, offenbar allein erwerbsfähigen Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen. Mit 11,5 Prozent Jahres-Marktanteil (2002: 11,1 Prozent) liegt Sat.1 hier solide und für seine Verhältnisse sogar überdurchschnittlich gut. Das Sorgenkind in der TV-Familie von Kirch-Erbe Haim Saban ist dagegen ProSieben – 12 Prozent für den jugendlichen Spezialisten in Spielfilmen und Serien made in USA bedeutet nach 11,0 Prozent 2002 Stagnation, 2001 lag man noch bei 13,3 Prozent. Nach dem Auslaufen einst senderprägender Programme wie „Akte X“ fehlt geeigneter neuer Stoff. Und langsam bricht auch über ProSieben herein, was alle anderen Sender schon hinter sich haben: Von teuren Blockbustern abgesehen ist US-Ware hierzulande kein Garant mehr für Topquoten.
Gemerkt hat das natürlich auch ProSieben, längst wird gegengesteuert. Nach mehreren schlechten Erfahrungen lässt ProSieben außerdem offenbar die Finger von innovativen, aber riskanten US-Formaten – mit dem Erfolg, dass Serien wie „24“ plötzlich bei RTL 2 laufen. In Unterföhring setzt man dafür auf deutsche TV-Movies, Comedy auch jenseits von „TV total“ – und hat dabei vor allem ein Problem: Den Schwestersender Sat.1. Denn der steht dummerweise ebenfalls für deutsche TV-Movies nebst Comedy – und bekommt sogar schon eigene Serien hin.
Über den Spitzenreiter im deutschen Privatfernsehen nur so viel: RTL Television ist im elften Jahr in Folge Marktführer bei den 14- bis 49-Jährigen. Mit weitem Abstand und 18,2 Prozent Jahresquote. Spannender ist da der Blick auf eine Erfolgsstory, die für die Verhältnisse der nicht eben uneitlen TV-Branche geradezu im Verborgenen abläuft: Vox, nicht mal vom Namen her als zur RTL-Familie zugehörig erkennbar, wächst seit Jahren still, aber stetig auf heute 5 Prozent Marktanteil. Der Durchbruch kam mit „Ally McBeal“, anders als bei den prägenden ProSieben-Gesichtern hat hier das Auslaufen der Serie aber nicht zum Abschalten geführt. Im Gegenteil: Im Poker um „24“ hat Vox zwar verloren, mit der „CSI“-Reihe aber nach wie vor starkes – und vom Publikum angenommenes – US-Programm. Zwar setzt der Sender bei den wenigen Eigenproduktionen wie das Familienoberhaupt RTL vor allem auf die Übernahme guter Ideen aus dem Ausland. Doch die sind – wie der Jungkoch und „Ersatz“-Jamie-Oliver Tim Mälzer – wenigstens ziemlich gut geklaut.