geläufig Wie etwas sein sollte

„Die Leute wollen nicht sagen, was war, sondern sie wollen sagen, wie etwas sein sollte“, urteilte Maxim Biller (Foto) 1999 über die deutsche „Konzeptliteratur“. Dem arbeitet er in seinen eigenen Büchern entgegen, orientiert an der Kunst der Deutlichkeit, wie sie von großen Autoren wie Philip Roth oder Joseph Heller praktiziert wird. „Alles, was geschieht, ist erzählbar!“, postuliert Biller und weigert sich, der deutschen Sprache bei all ihren Schwierigkeiten und ihrer historischen Beladenheit zu viel Macht über seine Geschichten zuzugestehen. Diese Geschichten können durchaus kompliziert verschlungen sein. Mitunter überfordert das zwar die Kritiker, doch was Alexander Kluge so treffend über Dialoge im Film anmerkte, gilt auch hier: Situationen, in denen Menschen aufeinander treffen, haben niemals nur den einen klaren Fluchtpunkt, der dem Zuschauer (oder Leser) ästhetisch so angenehm plausibel erscheint. In seinem neuen Roman „Esra“ nun lässt Biller sein Herz sprechen. Er erzählt die schöne und tragische Liebesgeschichte des jungen Schriftstellers Adam und seiner Freundin Esra, die Geschichte eines Kampfes zwischen allertiefster Innigkeit und schmerzhaftester Entfremdung. Biller schreibt sich dicht an seinem Personal entlang und nimmt den Leser mit in dessen Verwirrungen genauso wie in die Momente glasklarer Erkenntnis über die Innen- und Außenwelt. Maxim Biller scheut den Brückenschlag zu großen Fragen nicht, und Ironie muss draußen bleiben. Das ist angenehm in einer Zeit, in der selbst Urlaubsgrüße nicht mehr ohne Ironie auskommen. JUB

Roter Salon, 20 Uhr