: Super-Uni, Super-Ärger
Der Streit um die Fusion der technischen Fakultäten der Hochschulen in Hannover, Braunschweig und Clausthal geht in die nächste Runde: Ein Kompromiss über die Frage, wo das neue Konstrukt ansässig sein soll, ist nicht in Sicht
Eine Super-Universität hatte Lutz Stratmann entstehen lassen wollen – nun hat der CDU-Wissenschaftsminister in Niedersachsen nichts als super viel Ärger. Im Dauerstreit um den Sitz der Niedersächsischen Technischen Hochschule (NTH) haben sich die Fronten am Montag weiter verhärtet. „Auf Dominanzgelüste aus Hannover reagiert die Carolo-Wilhelmina allergisch“, unterstrich Jürgen Hesselbach, Präsident der Braunschweiger Technischen Universität (TU), bei einer Anhörung im Wissenschaftsausschuss seine Kritik.
Stratmann will die technischen und naturwissenschaftlichen Fakultäten der Leibniz Universität Hannover, der TU Braunschweig und der TU Clausthal bis 2020 unter einem Dach zusammenlegen. Die Hochschulen, ja selbst die Opposition begrüßen die Kooperation im Prinzip. Der Streit tobt um das Kleingedruckte: Kurz vor dem NTH-Kabinettsbeschluss im August war erstes Störfeuer aus Hannover gekommen. Der dortige Uni-Präsident Erich Barke kritisierte, dass der Sitz der NTH alle zwei Jahre wechseln sollte. In den USA kenne Clausthal kein Mensch. Zudem ist die Vorstellung für die Landeshauptstädter schwierig, dass von Braunschweig aus „regiert“ werden könnte. Am Montag nun nahm Barke seinen Anspruch auf den dauerhaften NTH-Standort zurück. Und forderte, den Sitz jährlich rotieren zu lassen. Das lehnten Braunschweig und Clausthal ab.
Es sei nicht hinnehmbar, dass Hannover erst im fünften Jahr an der Reihe wäre, so Barke. Sollte nicht nachgebessert werden, werde seine Universität „in einen ganz schwierigen Zustand“ geraten. Die TU-Präsidenten aus Braunschweig und Clausthal dagegen waren zufrieden mit dem Gesetzentwurf. „Für mich und die TU Clausthal ist die Sitzfrage unantastbar“, erklärte der geschäftsführende Präsident Thomas Hanschke. Es gehe um Gleichberechtigung der drei Partner. Barke warb nach der Anhörung um Entgegenkommen: „Die Kröte, die wir schlucken müssen, ist, dass der Sitz nicht Hannover ist.“
Während die CDU daran festhält, dass die NTH am 1. Januar gegründet wird, sprach SPD-Hochschulexpertin Gabi Andretta von einem „Lehrbeispiel, wie aus einer guten Idee handwerklicher Murks gemacht wird“. Sie nannte es „fragwürdig“, ob eine „eigenständige NTH nicht einen unzulässigen Eingriff in die Autonomie der einzelnen Hochschulen bedeutet“ – und ob andere Wissenschaftsinstitutionen das Konstrukt überhaupt anerkennen. KAI SCHÖNEBERG