Enttäuschter Richter

Was tun mit einem Polizisten, der eine Anzeige nicht aufnimmt und stattdessen die Betroffene belehrt. Ein Richter fand dafür deutliche Worte – und sprach frei

Obwohl der wegen Strafvereitelung im Amt angeklagte Polizist am Dienstag mit einem Freispruch das Gericht verlassen konnte, fand der Richter deutliche Worte für Uwe G.: „Ihr Verhalten finde ich schlichtweg zum Kotzen.“

Was war geschehen? Einen Tag nach Silvester fuhr die 26-jährige Ann-Christin Z. mit ihrem Renault durch den Wedding. Plötzlich sah sie, wie aus dem vor ihr fahrenden Auto ein Böller geworfen wurde. Der Knaller explodierte unter ihrem Auto und löste den Beifahrer-Airbag aus. Die junge Frau merkte sich das Kennzeichen und rief die Polizei.

Doch es dauerte, bis Uwe G. eintraf – er hatte nämlich vorher recherchiert. Eine VW-Werkstatt habe ihm gesagt, der Airbag müsse schadhaft gewesen sein. G. wörtlich: „Dafür kriegen Sie kein Geld.“ Auch den Namen des Halters wollte der Polizist nicht verraten. Er räumte lediglich ein, dass es sich um ein Behördenfahrzeug gehandelt habe.

Schlussendlich weigerte sich G. sogar, eine Anzeige aufzunehmen. Es habe sich schließlich weder um eine Sachbeschädigung gehandelt noch um einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr.

Vor Gericht beteuerte G., die junge Frau habe nicht erwähnt, dass sie sich erschrocken habe. Bei dem Vorfall habe es sich nur um eine sogenannte „Nichtverkehrsrechtliche Ordnungswidrigkeit“ (NOWI) gehandelt, weil man am 2. Januar keine Böller mehr werfen dürfe. Aber Beamte tun so etwas nicht.

Auch seine Dienstnummer hatte Uwe G. der jungen Frau nicht geben wollen. Er habe keine Karte dabei gehabt, verteidigte sich der Mann mit dem blondierten Haarsträhnen. Seinen Bericht habe er später dem Wachleiter übergeben, von dort sollte die „NOWI“ ans Bezirksamt Mitte gehen. Dort aber ist sie nie angekommen.

Ann-Christin Z., die nur wollte, dass der Polizist „objektiv aufnimmt, was passiert ist“, dachte damals: „Das ist doch nicht wahr.“ Mit Hilfe der Vorgangsnummer über die „NOWI“, die ihr G. „für ihren Anwalt“ überlassen hatte, stellte sie eine Strafanzeige gegen G. Doch der Angeklagte wurde am Dienstag freigesprochen, weil man ihm die nicht angekommene Anzeige nicht anlasten konnte.

Allerdings läuft ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen ihn: Er soll die Strafanzeige einer Radfahrerin bearbeitet haben, die von einem zivilen Polizeifahrzeug angefahren wurde. Die junge Frau habe dabei den Alkoholgeruch des Fahrers beschrieben. Davon aber habe G. nichts notiert. UTA EISENHARDT