: Wo gehobelt wird …
… dort fallen Bomben. Auch auf Hotels in Bagdad. Das Pentagon versucht nun, ausländische Journalisten vor Kriegsbeginn aus dem Irak zu vertreiben
von ANDREAS ZUMACH
Rechtzeitig vor Beginn eines Krieges gegen Irak will die Bush- Administatration die ausländischen Medien aus der Hauptstadt Bagdad vertreiben. Erreicht werden soll dieses Ziel mit einer militärischen Drohung gegen die Unterkünfte, in denen die Kameracrews, Hörfunk- und Printjournalisten aus zahlreichen Ländern derzeit untergebracht sind – weil dort angeblich Kommunikationsanlagen der irakischen Regierung und der Streitkräfte untergebracht seien. Nach Informationen der taz hat das Pentagon die drei US-amerikanischen Fernsehsender ABC, CBS, NBC, die Kabelanstalten CNN und Fox sowie die derzeit in Bagdad mit Korrespondenten vertretenen großen US-Zeitungen (New York Times, Washington Post, Los Angeles Times, Wall Street Journal u. a.) darüber informiert, dass das Al-Rachid-Hotel sowie mindestens drei weitere Hotels, in denen ausländische Journalisten mit Genehmigung des irakischen Informationsministerium untergebracht wurden, auf der Zielliste für die erste Welle der Luftangriffe stehen, mit der ein Irakkrieg nach den Planungen des Pentagons beginnen soll. Das Pentagon sicherte den US-Medien zu, sie würden 72 Stunden vor Kriegsbeginn informiert. Eine ähnliche informelle Zusicherung erhielt die New Yorker UNO-Zentrale von der Bush-Administration. Nach aktuellem Stand der Dinge könnten die ersten Luftangriffe bereits am Montag nächster Woche beginnen.
Bis zu der Drohung des Pentagons waren die ausländischen Medien in der irakischen Hauptstadt zu bleiben, um der Weltöffentlichkeit über diesen Krieg zu berichten. Aussichten auf Ausweichquartiere gibt es kaum. Daher ist nicht auszuschließen, dass der dritte Golfkrieg weitgehend unter Ausschluss der Weltöffentlichkeit geführt wird.
Schon 1991 war es zu einem Akt der Selbstzensur gekommen, der in der Geschichte der Kriegsberichterstattung bis dato beispiellos war. Bereits Wochen vor Kriegsbeginn am 16. Januar hatten sich rund 95 Prozent der US-Medien auf Knebelvereinbarungen mit dem Pentagon eingelassen – bis auf CNN und das unabhängige Rundfunknetzwerk „Pacifica“. Darin verzichteten sie auf die Entsendung eigener Korrespondenten in das Kriegsgebiet und sagten den Abzug bereits entsandter Korrespondenten bis zum 16. Januar zu.
Im Gegenzug bot das Pentagon den Medien zusätzlich zu den täglichen Pressekonferenzen in seiner Washingtoner Zentrale regelmäßige Briefings im damaligen Kriegshauptquartier der US-Streitkräfte in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad an. Dort wurden die Fernsehmedien vom Pentagon auch mit den Videos versorgt, die der Welt damals wochenlang den angeblich „sauberen Krieg“ mit „chirurgischen Schlägen“ so genannter „intelligenter Präzisionswaffen“ ohne „Kollateralschaden“ unter der Zivilbevölkerung vorgaukelte. Fast sämtliche Medien aus Europa und anderen Weltregionen schlossen sich seinerzeit der Selbstzensur der US-Medien an. Nur eine Hand voll von Journalisten (u. a. der Mittelost-Korrespondent des britischen Independent, Robert Fisk) begaben sich auf eigene Faust und unter hohem Risiko in das Kriegsgebiet und lieferten die wenigen unabhängigen, nicht vom Pentagon kontrollierten Berichte über den zweiten Golfkrieg.
Aber immerhin befanden sich zu Beginn am 16. Januar 1991 im Bagdader Al-Rachid-Hotel noch Peter Arnett und weitere Korrespondenten des Kabelsenders CNN. Das Hotel stand damals nicht auf der Zielliste des Pentagons für Luftangriffe. Die CNN-Korrespondenten konnten der Weltöffentlichkeit wenigstens Bilder vom Krieg übermitteln, die sie vom Dach des Hotels mit ihrer eigenen Kamera aufzeichnen ließen. Selbst solche Bilder werden wir vom dritten Golfkrieg nicht zu sehen bekommen, wenn das Kalkül des Pentagon aufgeht, dass sämtliche ausländische Journalisten Bagdad aus Angst vor Luftangriffen auf ihre Unterkünfte rechtzeitig vor Kriegsbeginn verlassen.