schulstreik : Vernommene Jugend
Das Lamento über die unpolitische Jugend hat ja eigentlich immer Konjunktur. Zuletzt war es das Feuilleton der Zeit, das auf zwei Seiten Krokodilstränen über den stromlinienförmigen Nachwuchs vergoss. Dabei gerät leicht aus dem Blick, dass es zumindest eine starke Gegenbewegung gibt: Junge Menschen, die nicht einverstanden sind, und das auch öffentlich kundtun. Häufig sind sie besser organisiert, vernetzt und informiert als frühere Generationen. Und weniger ideologisch festgelegt.
KOMMENTAR VON JAN KAHLCKE
Das macht es schwieriger, das Protestpotenzial zu kalkulieren. Und gerade darin liegt die besondere Wirksamkeit: Tausende Castor-Novizen sind ein anderes Ausrufezeichen als der x-te Aufmarsch der verdienten Haudegen. Und zehntausende Demonstranten gegen das Bildungs-Desaster allein in Norddeutschland müssten auch abgebrühte Bildungspolitiker zum Nachdenken bringen.
Umso mehr, weil die Demos offenbar ohne allzu aktive Mithilfe der routinierten Protestakteure im Bildungsbereich zustande gekommen sind. So ist nun mal die Jugend von heute: Sie lässt sich nicht vorschreiben, mit wem sie auf die Straße geht. Ein ermutigendes Zeichen.
Dass Landtagsscheiben zu Bruch gehen, ist schon fast als Kollateralschaden in Kauf zu nehmen, wenn sich die Opfer der ewig gestrigen Schulpolitik dadurch Gehör verschaffen.