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Archiv-Artikel

Aufschrei der Datenschützer

betr.: „Mehr Foto als Fingerabdruck“, taz vom 31. 1. 04, S. 12

Falsche Argumente von CDU-Bundespolitikern werden auch dadurch nicht richtiger, dass sie variiert und als solche über die taz verbreitet werden: Die mangelnde Sensibilität des genetischen Fingerabdrucks zeige sich daran, dass diesem weniger Infos entnommen werden könnten als einem Polizeifoto. Das Brisante am „genetischen Fingerabdruck“ liegt in der Kombination von elektronischer Verfügbarkeit für die Polizei (wie in der BKA-Datei), seinem inhaltlichen Potenzial (Auswertung nach persönlichen Merkmalen) und der mangelnden Kontrollierbarkeit für die Betroffenen. Diese haben nicht unter Kontrolle, an welchen (potenziellen Tat-)Orten sie unbewusst ihr genetisches Gewebe (Haare, Speichel, Schuppen) zurücklassen.

Würden Polizeifotos auf eine entsprechende technische Stufe wie der genetische Fingerabdruck gebracht, also die biometrischen Gesichtsprofile aller ED-Behandelten als Personenkennzeichen beim BKA zentral elektronisch abgleichbar abgespeichert, gäbe es einen ähnlichen Aufschrei der BürgerrechtlerInnen wie nun beim Freisetzungsversuch des genetischen Fingerabdrucks für die Polizei. Bürgerrechtler lassen gerne mit sich reden über effektive Strafermittlung und neue technische Methoden. Aber rechtsstaatliche Sicherungen wie der Schutz informationeller Selbstbestimmung, Unschuldsvermutung und rechtliches Gehör sollten auch im 21. Jahrhundert nicht leichtfertig aufgegeben werden. THILO WEICHERTStellv. Datenschutzbeauftragter Schleswig-Holstein