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Archiv-Artikel

SPD wird sicher, sauber und schön

Hamburgs Ex-Regierungspartei malt sich und den BürgerInnen ein neues Wohlfühlbild von der Hansestadt. Parteitag ausschließlich zum Thema Innere Sicherheit soll Positionen festlegen, welche der SPD die Macht im Rathaus wiederbringen

von SVEN-MICHAEL VEIT

Hamburgs Sozialdemokraten wollen Kreise zu Quadraten machen. In der Hoffnung, sich alsdann so praktisch und gut zu präsentieren, dass die Rückkehr an die Macht in Hamburg bei der nächsten Bürgerschaftswahl in zweieinhalb Jahren gelingt. Der Weg dahin aber, so glaubt die SPD, führt nur über die Innere Sicherheit. Und deshalb sollen „Sicherheit und Freiheit, Repression und Prävention“ künftig die vier gleichrangigen Prinzipien sozialdemokratischer Innenpolitik werden.

Als roter Faden ziehen sich diese beiden Wortpaare durch zwei Leitanträge des Landesvorstands für den Parteitag am nächsten Wochenende im Bürgerhaus Wilhelmsburg, der sich ausschließlich dem Thema Innere Sicherheit widmet. Auf 23 eng beschriebenen Seiten werden sämtliche Themenfelder anhand dieser „Leitlinien“ neu definiert. Ziel ist es, die Partei als Gralshüter einer sicheren und sauberen Stadt zu präsentieren und zugleich die „fundamentalen“ Gegensätze zur Law-and-order-Politik von Schwarz-Schill herauszustreichen.

Von einer „Bürgerpolizei“ ist da die Rede, welche BürgerInnen nicht als Untertanen oder gar als Gegner betrachtet. Gerade dies sei, so erläutert ein führender Sozialdemokrat, mit ursächlich gewesen für das harte Einschreiten der Polizei bei der Schüler-Friedensdemo am Montag.

Jugendkriminalität sei zwar ein „drängendes Problem“, dem jedoch mit Erziehung und Bildung, Jugend- und Sozialarbeit, Arbeitsplätzen und gesellschaftlichen Perspektiven begegnet werden könne. Geschlossene Heime, wie sie von Schwarz-Schill wieder eingeführt wurden, gelten demnach nur als „Ultima Ratio“ für eine „kleine Zahl gewalttätiger Intensivtäter“, so der Leitantrag: „Wegschließen ist keine Lösung, sondern verschärft das Problem.“

Auch zum Brechmitteleinsatz gegen mutmaßliche Dealer, vor knapp zwei Jahren vom sozialdemokratischen Innensenator und Parteichef Olaf Scholz eingeführt, geht die SPD auf Distanz. Eine zwangsweise Verabreichung wird jetzt abgelehnt, stattdessen sei eine kurzzeitige Untersuchungshaft bis zur Ausscheidung etwaiger verschluckter Drogen ausreichend. Diese deutlich entschärfte Neupositionierung war allerdings innerparteilich heftigst umstritten. Die jetzt gefundenen Formulierungen sind das Ergebnis einer extra eingesetzten Arbeitsgruppe aus Juristen, Sicherheits-, Drogen- und Gesundheitspolitikern, die sich nach mehrmonatigen Diskussionen auf diese „weiche Linie“ verständigte.

Harte Diskussionen sind auf dem Parteitag nicht zu erwarten. Denn in den bislang vorliegenden 43 Änderungsanträgen aus den Parteikreisen wird die Grundtendenz der beiden Leitanträge des Landesvorstands durchgängig akzeptiert, die Alternativvorschläge zielen zumeist auf weitere Entschärfungen repressiver Elemente. Oder darauf, so ein umfangreiches Papier aus dem Kreis Altona, „das zum Teil derartig hohe Abstraktionsniveau“ durch Umformulierungen so weit abzusenken, dass „auch die Bürgerinnen und Bürger“ verstehen könnten, was die SPD künftig eigentlich will.