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Archiv-Artikel

Lange überfällig

Brudermahl mit Schwester: Zum allerersten Mal darf heute eine Frau mit den Schaffern im Rathaus speisen

Von jox

Bremen taz ■ Bremens Schaffer sind auch nicht mehr die, die sie mal waren: Zum ersten Mal in der 460-jährigen Geschichte der Schaffermahlzeit, die als ältestes Brudermahl der Welt gilt, darf heute eine Frau in der Oberen Rathaushalle Platz nehmen. Kapitänin Barbara Massing ist seit acht Jahren Mitglied der Stiftung „Haus Seefahrt“, zu deren Gunsten im Verlauf des Mahles gesammelt wird.

Massing, die in Bremen wohnt, ist seit 25 Jahren bei einer Hamburger Reederei beschäftigt – davon bereits 13 Jahre lang als Kapitänin. Acht Monate im Jahr ist sie auf See und steuert Containerschiffe. Seit 1996 engagiert sich die 43-Jährige in der Stiftung, die ein Wohnheim für ehemalige Kapitäne und deren Familien sowie Kapitänswitwen in Bremen unterhält.

Mit der Aufnahme ins „Haus Seefahrt“ stand fest, dass sie in nicht allzu ferner Zukunft als erster weiblicher Gast an der bislang exklusiv viril bestückten Tafel sitzen würde. Sie bereits in diesem Jahr als „Gast“ einzuladen hat die Generalversammlung von „Haus Seefahrt“ kurzfristig entschieden. Das sei „ein mutiger Schritt“ gewesen, würdigte die Senatspressestelle gestern. Alsbald werde Massing als „Kapitänsschafferin“ das Mahl selbst mit gestalten, sagte der Zweite Schaffer Volker Schütte. Erst danach habe sie ein Anrecht auf die regelmäßige Teilnahme an dem Rathaus-Futtern.

Traditionell sind beim Schaffermahl 300 Männer zugegen – zu gleichen Teilen kaufmännische und seemännische Mitglieder der Stiftung „Haus Seefahrt“ sowie Gäste. Ehrengast ist in diesem Jahr Noch-Bundespräsident Johannes Rau, der – natürlich – eine Rede halten wird. An der illustren Tafel werden unter anderem auch der unterm Schulden-Joch ächzende Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) und Hamburgs wahlkämpfender Erster Bürgermeister Ole van Beust (CDU) thronen. jox