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Archiv-Artikel

Lästige Kontrollen

betr.: „Das macht dann 40 Euro!“ (Woche der Kontrolettis in der S-Bahn), taz vom 8. 4. 03

Es gibt diese lästigen Kontrollen. Ich greife tief in meine Tasche nach der Monatskarte und vermisse sie dort manchmal. Trotz eines roten Kopfes und eines Mundes, der nach Entschuldigung ringt, darf man sich alsbald in Schöneberg einfinden und sogar eine Gebühr bezahlen. Dabei hat man einen gültigen Fahrausweis! Nur nicht dabei. Das ist wie zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein, an dem etwas passiert ist, man dort aber seine Unschuld gerade nicht beweisen kann und nun für den Aufwand dieser Kontrolle belangt wird, an der man jedoch keine Mitschuld trägt.

[…] Mehr Kontrolle innerhalb eines Zeitraumes. Das bedeutet für die Leute, die nicht für die Öffentlichen bezahlen können/wollen, ein höheres Risiko, beim Schwarzfahren erwischt zu werden. Sie riskieren eventuell mehr, um dem zu entgehen. Und für die anderen bedeutet es einfach noch mehr Kontrolle. Ob da ein Lächeln des Kontrolleurs noch hilft? Der Kontrolle wird Sympathie entgegengebracht, solange diese Aussage noch funktioniert: Die Schwarzfahrer sind schuld; gäbe es weniger Schwarzfahrer, gäbe es weniger Kontrollen. Funktionieren könnte das nicht mehr, wenn der Frust darüber ansteigt, mehrfach am Tage und das eine ganze Aktionswoche lang kontrolliert zu werden. Oder, um es deutlicher auszudrücken, ich war schon öfters kurz davor, mich dem erneuten Kramen in meiner Tasche zu verweigern. […]

OLAF KRISCHE

Ganz unabhängig davon, mit welchem kritischen Bewusstsein die Autorin den Artikel verfasst haben mag, sprechen die Zahlen in ihrem Artikel für die Kontrolletti-Aktion der S-Bahn und brandmarken Schwarzfahrer als eine ernst zu nehmende Bedrohung. Doch leider sagen die Zahlen tatsächlich gar nichts aus. Sie hören sich nur düster an:

25 Prozent Steigerungsrate im Vergleich zum letzten Jahr! Aber was ist die Bezugsgröße? Wie viel ist das in absoluten Zahlen? Acht Millionen Einnahmeeinbußen, sagt der S-Bahn-Marketingchef. Er wird seinen Statistikkurs absolviert haben und wissen, warum er nicht die Relation zu den Gesamteinnahmen der S-Bahn angibt. Die hätten aber an dieser Stelle interessiert. 17.738 Schwarzfahrer allein in der S 7! Man ahnt allenfalls, wie viel (kontrollierte!) Fahrgäste einen Fahrschein hatten. Auch hier wäre ein Prozentwert aufschlussreich gewesen. […] Man muss gar nicht fälschen, man muss die Zahlen und Kennwerte nur geschickt auswählen um die Medien an der Nase herumzuführen. […] CHRISTOPH HAUG

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