piwik no script img

Archiv-Artikel

Mutmaßlicher Atomdealer mit Verbindungen

Der Sri-Lanker B. S. A. Tahir soll eine Schlüsselrolle bei der Weitergabe pakistanischer Atomtechnik gespielt haben

Zwar hat sich US-Präsident George W. Bush in der Frage von Massenvernichtungswaffen schon einmal geirrt, doch was er von Buhary Syed Abu Tahir zu halten hat, weiß er ganz sicher. Wie Bush vergangene Woche vor der National Defense University sagte, ist der Geschäftsmann Tahir „Hauptfinanzmanager und Geldwäscher“ des illegalen Netzwerkes des pakistanischen Atomgurus Abdul Qadir Khan.

Der „Vater der pakistanischen Atombombe“ hatte kürzlich gestanden, an Iran, Nordkorea und Libyen Technik zum Bombenbau weitergegeben zu haben. Nach Einschätzungen des US-Geheimdienstes spielte der aus Sri Lanka stammende und in Malaysia lebende Tahir zumindest im Fall Libyen eine Schlüsselrolle. Im vergangenen Oktober war eine Lieferung von in Malaysia gefertigten Zentrifugen zur Urananreicherung auf dem Seeweg nach Libyen im Mittelmeer gestoppt worden. Als Schlüsselperson dieses illegalen Geschäfts gilt Tahir, dem die USA zudem vorwerfen, seine Dubaier Computerfirma benutzt zu haben, um die sensiblen Geschäfte zu ermöglichen.

Laut der gestrigen Ausgabe der New York Times wurde Tahir 1959 im südindischen Tamil Nadu geboren, zog im Alter von fünf Jahren mit seinen Eltern nach Sri Lanka und studierte später in Indiens Hauptstadt Neu-Delhi. Dort soll er über einen Onkel Kontakt zu Pakistans Atomforscher Khan bekommen haben. Später begann Tahir in Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten mit Computern zu handeln. Mitte der 90er-Jahre zog er in die malaysische Metropole Kuala Lumpur, wo er prominente Bekanntschaften schloss, die ihm seine illegalen Geschäfte erleichtert haben dürften.

So heiratete Tahir 1998 nicht nur die Tochter eines malaysischen Diplomaten, sondern löste sich mit ihr im Vorstand einer Investmentgesellschaft ab, in dem auch der Sohn des damaligen Vizepremierministers (und heutigen Premiers) Abdullah Achmad Badawi sitzt. Dass eine Tochterfirma dieser prominent geführten Gesellschaft dann nach malaysischen Polizeiangaben um 2001 den von Tahir vermittelten Bau der Zentrifugen für Libyens Atomprogramm leitete, hat in Malaysia hohe Wellen geschlagen. Auftraggeber waren zwei Firmen aus Dubai. Eine soll einem langjährigen Zulieferer des Pakistaners Khan gehören, die andere Partnern von Tahir aus dessen Computerfirma.

In Malaysia wird beteuert, dort habe niemand gewusst, dass die Zentrifugen für Libyens Atomprogramm bestimmt waren. Vielmehr sei man davon ausgegangen, sie sollten in der Öl- und Gasindustrie eingesetzt werden. Der für Proliferationsfragen zuständige Staatssekretär im US-Außenministerium, John Bolton, hat Bushs Äußerungen von letzter Woche dahin gehend klargestellt, dass Washington Malaysia nicht vorwirft, von den Hintergründen des Geschäfts gewusst zu haben oder darin gar aktiv involviert gewesen zu sein. Damit hat in Malaysia Tahir die Rolle des alleinigen Sündenbocks, wie sie Khan in Pakistan hat. SVEN HANSEN