die arbeit der promis von WIGLAF DROSTE
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Die Abkürzung sagt alles: Promi. Nicht minder fies klingt der Plural, Promis. Im bloßen Wort Promi ist das Abfällige schon mit drin, das Despektierliche, der Ekel und der Abscheu vor dem dauernden Belästigt-, Bedrängt- und Belatschertwerden durch den Promi.

Denn das ist das Wesen des Prominenten: Immerzu ist er zur Stelle, obwohl niemand ihn braucht. Er ist zu nichts nütze, steht aber chronisch parat für Kameras, Fotografen, Mikrofone und Interviewer. Er ist unvermeidlich anwesend; wäre er es nicht, er fehlte niemandem. Nie tut er wohl, außer, wenn er nicht da ist, aber das kommt nicht vor: Ein Promidasein erlaubt keine Pause von sich selbst – die Folge wäre der Kollaps, der Gang in die Nichtexistenz. Wo Permanenz allein durch Penetranz gewonnen werden kann, hilft nur dumpfes Dauerfeuer: Steter Tropfen höhlt den Stein.

Dabei bedeutet Prominentsein ursprünglich nichts Widerliches. Im Gegenteil: Der Fremdwörterduden definiert das lateinischstämmige Adjektiv prominent so: „a) hervorragend, bedeutend, maßgebend; b) weithin bekannt, berühmt“.

Wer aber würde solch respektvolles Vokabular schon in Verbindung bringen mit den feixenden Hausierern Reinhold Beckmann & Johannes B. Kerner, den geschäftstüchtigen Aufdrängedamen Alice Schwarzer & Verona Feldbusch oder den heftig ins Werbefach schwappenden Schauspielern Klaus J. Behrendt & Peter Sodann? Sie alle sind sich derzeit auf Deutschlands Plakatwänden darin „einig“, dass sie „gemeinsam für Deutschland“ und „für neue Arbeitsplätze“ ihre Konterfeis in die Gegend halten und damit die Arbeitslosenzahl im Lande senken – was umso absurder ist, als gerade eine solch eitel-zudringliche PR-Aktion ja nur den Wunsch wecken kann, zumindest die an ihr Beteiligten möchten schlagartig und für alle Zeit einer öffentlichen Tätigkeit beraubt sein, die in nichts besteht als im dauernden Vorzeigen ihrer selbst.

Der Prominente an sich ist vollends trostlos: Er steht nur für sich selbst, also für nichts. Damit ist er das Gegenteil des Stars – der Star verkörpert eine Idee vom Leben; er gibt der Ahnung, wer und was man sein und wie man leben möchte, ein Gesicht, eine Kontur – er vermittelt eine eigene Anschauung der Welt. Ob der Star dabei medial eher präsent oder abstinent ist, spielt eine untergeordnete Rolle, solange die Idee erkennbar bleibt.

Der Prominente dagegen bietet nur eine Lebensform an: Allen, die ihn tolerieren, also ertragen und erdulden müssen, bis weit über jeden Überdruss hinaus bekannt zu sein aus Funk, Fernsehen und dem Geschmier aus Bild, Bunte, Gala et cetera, aus allem, was reklametauglich ist. Anke Engelke und Franz Beckenbauer sind dem Wesen ihrer Arbeit nach die Mobiltelefonwerbung, die sie der Welt vor die Nase koffern, sonst sind sie nichts.

Dieter-Bohlen-Deutschland sucht eben nicht den Superstar, sondern bloß weitere Promis: geklonte Massenware, konfektionierte Kreaturen, aus deren Mündern das Wort Ich eine Lüge ist.

Stars sind Sterne, die leuchten und verglühen – Promis sind Erbrochenes auf der Windschutzscheibe des Lebens. And I am the wiper …