„Totschweigen ist verhängnisvoll“

Nach den Gewalttaten in Huchting: Grüne kritisieren mangelnde Bereitschaft an den Schulen, hinzusehen

Bremen taz ■ „Wie kann es sein“, fragt sich die grüne Bildungspolitikerin Anja Stahmann, „dass man in dieser Zeit einen Fragebogen zum Thema Gewalt an 180 Schulen schickt, der dann nur von 15 Schulen beantwortet wird?“ Eine Frage, die sich nach den Vorfällen in Huchting, bei denen 13- und 15-Jährige ihre Mitschüler aufs Heftigste quälten, umso schärfer stellt.

Der Fragebogen, erstellt an der Bremer Akademie für Arbeit und Politik, wurde jetzt zum zweiten Mal verschickt. Vermutlich werden sich nun mehr Schulleitungen die halbe Stunde Zeit zum Ausfüllen nehmen. Stahmann hält das Schweigen der Schulen und auch den Maulkorb, den Lehrer nach einem solchen Fall tragen, für „verhängnisvoll“. Dass die Tatverdächtigen – die meisten besuchten das Schulzentrum Willakedamm – der Schule verwiesen wurden, sieht sie ebenfalls kritisch. „Man löst das Problem nur kurzfristig.“

Dem stimmt Gertrud Gerlach, Vorsitzende des Kinderschutzzentrums in Bremen, zu: „Ich kann verstehen, dass man eine solche Maßnahme ergreift, um die Opfer zu schützen“, so Gerlach, dennoch fänden die Täter aus ihrer Rolle des vermeintlich Starken nur heraus, wenn sie sich in ihrem Umfeld mit dieser Rolle auseinandersetzten. „Schlimmstenfalls erzeugt ein Schulverweis nichts anderes als Rachegefühle“.

Das Kinderschutzzentrum bietet, neben Fortbildungen, die die Bürgerstiftung anbietet, vorbeugende Kurse zum Thema Gewalt an Schulen an. „Kindernot braucht Lösungen“ heißt das Programm, das trotz ewig wackliger Finanzierung durch die Bildungsbehörde bis Ende 2005 ausgebucht ist. Im Fall der Schule Willakedamm wurde Gerlach vom Schulleiter um Hilfe gebeten, er hat sich dann aber für ein Training von „Wildwasser“ entschieden. „Mir ist das völlig egal“, bekräftigt Gerlach, „Hauptsache, es wird etwas getan“. hey