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Archiv-Artikel

Krisenhaftes Routinetreffen im Reihenhaus

Schröder zitiert Scholz und Müntefering nach Hannover. Der Generalsekretär steht in der Kritik von links und rechts

BERLIN taz ■ Bisher schwieg Kanzler Gerhard Schröder zum SPD-Krach und weilte im Osterurlaub. Seine Geduld beim Aussitzen erinnerte schon fast an Vorgänger Helmut Kohl. Gestern ließ Schröder dann aber plötzlich eine Botschaft verbreiten: Es sei „frei erfunden“, dass er Olaf Scholz ablösen wolle. Der SPD-Generalsekretär leiste „ausgezeichnete Arbeit“ und genieße „volles Vertrauen“.

Von beiden SPD-Flügeln hatten sich zuvor Kritiker gemeldet. Wahlweise hieß es, Scholz habe die Partei nicht gut genug auf die Agenda 2010 vorbereitet, so der rechte Seeheimer Kreis, oder aber er habe Schröder nicht gut genug über die Stimmung in der Partei informiert, so die linke Hessen-Vorsitzende Andrea Ypsilanti.

Doch trotz dieser Unruhe hält die Parteispitze daran fest, dass alles nach Plan läuft. Gestern Abend stand ein „Routinetreffen“ (Müntefering) auf dem Programm, das auch schon als „Krisentreffen“ (Bild) tituliert wurde: Scholz, Fraktionschef Franz Müntefering und Kanzleramtschef Frank-Walter Steinmeier fanden sich bei Schröders in Hannover ein, um den Leitantrag für den Sonderparteitag zu beraten. Denn Montag soll die „Reformagenda 2010“ im Vorstand beschlossen, Montagabend auf einer Regionalkonferenz den GenossInnen „erläutert“ werden. Alles also ganz nach Plan.

Vor dem krisenhaften Routinetreffen blieb Müntefering hart in der Form und offen in der Sache. Das Papier der Parlamentarischen Linken, das Abmilderungen bei der Agenda 2010 fordert, sei „legitim“. Doch „die Leitlinien stehen“. Die Linien für die Umsetzung dagegen müssten noch gefunden werden. Darin kann sich ein Minimalangebot an die Parlamentarische Linke verstecken. Doch genau dies lehnte Ottmar Schreiner vorsorglich ab: Ein Minimalkonsens „würde langfristig Schaden anrichten, weil viele in der Partei mit dem Kurs nicht einverstanden sind“. Der bayerische Juso-Vorsitzende Florian Pronold gab sich konzilianter: „Wir wollen keinen anderen Kanzler“, versicherte der Mitinitiator des Mitgliederbegehrens.

Um die Linke einzubinden, hat Kanzler Schröder ihr angeblich ein Kompromissangebot gemacht. Nach einem Bericht des Handelsblatts ist ein erhöhter Steuersatz von 25 Prozent auf den Verkaufserlös von Aktien geplant. Bisher waren offiziell nur 15 Prozent angepeilt. Momentan sind Spekulationsgewinne nach einem Jahr steuerfrei.

Im Kanzleramt hieß es dazu unverbindlich: Schröder habe die Notwendigkeit einer Steuerreform bei Aktiengewinnen bereits in seiner programmatischen Rede vom 14. März betont. Das Thema sei deshalb nicht neu und keinesfalls eine Reaktion auf den SPD-internen Streit. Dass der Steuersatz auf Kursgewinne bei pauschal 25 Prozent festgesetzt werden solle, wurde nicht bestätigt.

In ihrem Positionspapier hatte die Parlamentarische Linke der SPD-Fraktion zuvor verlangt, dass Bundesfinanzminister Hans Eichel die geplante „Abgeltungsteuer“ fallen lasse. Sie sieht vor, den Steuersatz für Zinsen und Dividenden auf pauschal 25 Prozent zu reduzieren und nicht mehr den Einkommensteuersatz von momentan bis zu 48,5 Prozent anzulegen. Sollte Schröder nun tatsächlich offerieren, Aktiengewinne höher zu besteuern, dann „könnte das die Bedenken der Parlamentarischen Linken vermindern“, sagte dazu Gernot Erler, einer der Wortführer.

Doch was immer die SPD beschließt – die Union muss zustimmen. Die aber hat unlängst mit ihrer Mehrheit im Bundesrat die 15-Prozent-Steuer auf Aktien abgelehnt. Es ist deshalb unwahrscheinlich, dass sie nun ausgerechnet einem erhöhten Aktiensteuersatz von 25 Prozent ihr Plazet erteilt.

HEIDE OESTREICH, HANNES KOCH

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