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Wenn Heinz Karmers Tanzcafé endgültig die Türen schließt, wenn man Thees Ullmann schwer besoffen bei einer improvisierten Ansprache an die Welt erleben will, wenn das besuchte Konzert nachbereitet werden muss, wenn eine Herrenmannschaft des SC Sternschanze einen Sponsor sucht, dessen Name gerne auf dem Trikot getragen wird, kurzum: wenn nichts mehr geht, aber noch etwas gehen soll, dann war in den vergangenen Jahren die Kneipe „Mutter“ – vor allem unter der Woche – treue Begleiterin für den besseren Teil der Hamburger Popkultur und jene, die sich an ihrer Nähe wärmen wollten. Jetzt wird die Mutter zehn und lädt vor der Fortsetzung zum geselligen Showdown. Der Flurfunk meldet ein passendes musikalisches Rahmenprogramm, u. a. mit Sport, der Frank Spilker Gruppe und anderen Überraschungsgästen. Do, 4. 12., 20 Uhr, Knust, Neuer Kamp 30 Chokebore gehören für nicht wenige in die Kategorie „Gehört, dann gesehen, dann nicht mehr vergessen“, was nicht zuletzt der Intensität zu verdanken ist, in der sich völlige Tristesse und desolate Gemütszustände mit bebenden Gitarrenwänden vermengen. Aus der Bandpause meldet sich nun zunächst einmal der deprimierte und deprimierende Sänger als Solokünstler zurück und präsentiert die Botschaft der Band als Essenz: Desolater Zustand in Slow Motion, sich hinschleppende Melodien, schmerzhafte Erkenntnisse über dieses und jenes Alltagsdetail – selbstverständlich in Lo-Fi. Troy von Balthazars „kraftloser Tanz auf der Rasierklinge“ (Spiegel) gerät so zur entlarvenden Zustandsbeschreibung einer an sich selbst überschnappenden Welt, an der man gerne verzweifelte, wenn man schon mit ihr fertig wäre. Bestens gerahmt wird der unbedingt gute Mann vom Tocotronic-Schlagzeuger Arne Zank, ebenfalls auf Solotrip. Fr, 5. 12., 20 Uhr, Uebel & Gefaehrlich, Feldstraße 60 „They think they are the Robocop Kraus“ ist sowohl der Titel einer Platte als auch die etwas entlarvende Beschreibung einer ganzen Garnison von Post-Hardcore-Bands, die sich hierzulande Anfang des Jahrtausends aufmachten, so zu klingen wie: The Robocop Kraus. Das heißt, man begann, den üblichen Gitarren eine flotte Orgel als Motiv bzw. Begleitung zu verpassen, mit dem Arsch zu wackeln und alle Anwesenden zum Schwitzen aufzufordern. Die Farce dieses Stils gilt es noch heute zu ertragen, wenn man einen Radiosender für junge Musik anwählt. Umso erstaunlicher und erfreulicher, dass sich der Primus selbst einigermaßen unbeirrt zeigt und jüngst eine weitere Platte veröffentlicht hat, auf der es zugeht als sei die Jahrtausendwende noch nicht beendet. Es gibt also schwitzigen und treibenden Pop, der auf dem sozialisatorisch erworbenen Hardcore-Fundament sicher ruht und es wird sich vermutlich keiner auffordern lassen müssen, mit dem Arsch zu wackeln, weil es kaum anders geht. Sa, 6. 12., 20 Uhr, Prinzenbar, Kastanienallee 22 NILS SCHUHMACHER