: Traumspiralen
NDR-Sinfonieorchester: Beethoven, Bruckner und die Uraufführung eines Stücks von Aribert Reimann
Nun ist es soweit: Der in einen Abonnementszyklus integrierte Aufführungsreigen sämtlicher Klavierkonzerte Ludwig van Beethovens kombiniert mit einem neuen Werk und einem Fragment der Musikgeschichte findet heute Abend in der Hamburger Musikhalle seinen Abschluss. Es spielt das NDR-Sinfonieorchester unter Christoph Eschenbach; am Klavier sitzt Pierre-Laurent Aimard. Das Programm vereint neben Beethovens 2. Klavierkonzert Bruckners unvollendete 9. Sinfonie und eine Uraufführung aus der Feder des in Berlin lebenden Tonsetzers Aribert Reimann, der seit der spektakulär erfolgreichen Uraufführung seiner Oper Lear bei den Münchner Opernfestspielen des Jahres 1978 international höchstes Ansehen genießt.
Eschenbach hat bereits mehrfach Stücke von Reimann dirigiert. So erklang das beeindruckende Orchesterstück Kumi Ori im Jahre 2000 erstmals unter seiner Leitung in Hamburg. Das neue Stück trägt den Titel Spiralat Halom, zu deutsch Traumspiralen. In einem Interview äußerte sich der Komponist zu seinem neuen Stück: „Es gibt ein Gedicht, ‚Zomtei Halom‘ (Traumknoten), von dem israelischen Dichter David Rokeah, das ich vor zwei Jahren in Hebräisch komponiert hatte. Von den ersten Tönen dieses Liedes kam ich nicht weg; ich habe sie dann verändert zum Ausgangspunkt von Spiralat Halom gemacht. Etwas von den ‚verknoteten Träumen‘ des Liedes, die fast in Albträume ausarten, drängte sich mir auch für das Orchesterstück auf. In diesem Fall hatte ich einen Traum von einer riesigen Wolkenwand, die immer dichter wurde. Ich saß mit jemandem im Auto, und wir konnten durch diese Wand nicht hindurch. Man musste sie umfahren, doch es gab kein Ende, wo man sie hätte umfahren können.“ Reimann betont, dass er keineswegs in seinem Stück den Traum vertont habe, sondern dass dieses Traumbild nur der Auslöser für das Stück war.
Erst als das Stück dann im Sommer 2002 fertig war, ist Reimann darauf gekommen das Wort „Spirale“ in den Titel zu integrieren. Reimann sieht in ihr die variierte Wiederkehr des immer Gleichen auf einer anderen Ebene, wie es typisch für Träume sei. Ob Spiralat Halom beim Hörer das Bild hervorruft, dass sich jemand vor einer unendlichen Mauer ständig um sich selbst dreht, ist für den Komponisten zwar unwichtig, aber man sollte durchaus mit bildhafter Fantasie den Klängen Reimanns lauschen. Reinald Hanke
heute, 20 Uhr, Musikhalle