: Der Kurth‘sche Doppelkopf
Nach dem Rücktritt Frank Steffels dreht sich in der CDU alles um Peter Kurth. Manche sehen ihn als Chef von Fraktion und Partei. Andere versuchen, die Kandidaten Zeller & Zimmer im Spiel zu halten
von STEFAN ALBERTI
Die Hauptdarsteller im jüngsten CDU-Drama gaben sich am Tag danach verschlossen. Der scheidende Fraktionschef Frank Steffel ordne seine Angelegenheiten, hieß es aus dem Abgeordnetenhaus knapp 16 Stunden nach Bekanntwerden seines Rücktritts. Ein paar Räume weiter wiegelte sein möglicher Nachfolger Nicolas Zimmer, der CDU-Haushaltsexperte, Fragen nach einer definitiven Kandidatur ab. Und Gleiches tat auch Exfinanzsenator Peter Kurth, bereits Bewerber für den Landesvorsitz.
Dafür redeten die Nebendarsteller, auch wenn sie sich manchmal nicht namentlich zitieren lassen wollen. Kurths Umfeld etwa, das von einer Kandidatur ausgeht. Oder Mario Czaja, Fraktionsvize und Kurth-Vertrauter, der ihn als Doppelchef in Fraktion und Partei will, wie jüngst schon der Brandenburger CDU-Chef und ExinnensenatorJörg Schönbohm. Oder der langjährige Abgeordnete Michael Borgis, der deutlich Sympathien für Zimmer durchblicken ließ.
Es zeichnet sich aber auch ab, dass Kurth möglicherweise gar nicht so sehr am Landesvorsitz hängt, dass er sich auf einen Deal einlassen würde: Doch keine Kandidatur für den Parteiposten gegen Joachim Zeller, wenn er dafür Fraktionschef wird. Denn durch den Rückzug von Steffel ist Zeller in einer neuen Rolle. „Zeller ist entsteffelt“, formulierte es ein Abgeordneter seines Lagers. Der dienstälteste Parteivize war vielen Kritikern nicht etwa durch fehlende Qualifikation oder Ausstrahlung aufgestoßen. Im Gegenteil: Zellers Verdienste als Bezirksbürgermeister und früherer kommissarischer Landeschef sind unbestritten.
Was Zeller angreifbar machte, war seine offene Parteinahme für Frank Steffel. „Ich werde ihn unterstützen“, sagte Zeller im taz-Interview auf die Frage nach der nächsten Fraktionschefwahl. Spätestens damit hatte sich Zeller in den Augen vieler auf offene, aber politisch unkluge Weise selbst zur Steffel-Marionette degradiert. Mit einem entsteffelten Zeller aber dürfte Kurth kein Problem haben, genauso wenig wie andersherum. Zeller hatte bereits Kurths Gegenkandidatur bedauert, weil beide Politiker ähnlichen Profils seien.
Fraglich ist nur, ob sich Kurth, 43, in der Fraktion tatsächlich durchsetzen kann. Sein erst 32-jähriger voraussichtlicher Gegenkandidat Nicolas Zimmer, Rechtswanwalt und seit 1998 Mitglied des Abgeordnetenhauses, hat sich in den vergangenen eineinhalb Jahren als Finanzexperte einen Namen gemacht. Auch die politische Konkurrenz lobte, wie Zimmer etwa bei der wenig durchsichtigen Risikoabschirmung vorging. Dabei hatte Zimmer die zentrale Funktion des haushaltspolitischen Sprechers erst nach der Abgeordnetenhauswahl 2001 vom auf die Hinterbänke gedrängten Alexander Kaczmarek übernommen.
Offiziell ist Zimmer zwar ein Steffel-Mann, weil der ihn zu einem von drei Parlamentarischen Geschäftsführern machte. Er gilt dennoch, anders als die Kollegen Frank Henkel und Uwe Goetze, weniger auf Steffel festgelegt. Auch als neuer Generalsekretär war er schon im Gespräch.
Steffel, der bis zur Wahl eines Nachfolgers im Amt bleibt, will eine rasche Entscheidung und hat die Neuwahl für Freitag angesetzt. Bei der Sondersitzung kann die Fraktion die Entscheidung jedoch vertagen. Das fordern nicht umsonst gerade Kurth-Vertraute wie Czaja. Denn Kurth braucht Zeit, um seine Wahl vorzubereiten. Der gestrige Tag fiel dafür schon mal aus, denn da musste er für seinen Brötchengeber Alba auf den Balkan und war dank vieler Funklöcher länger ganz von Berlin abgeschnitten. Steffel konnte derweil seine Angelegenheiten ordnen – wie immer das zu verstehen ist.
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