: Die große Verkaufs-Gala
Dahinter steckt immer ein kreativer Kopf: Heute prämiert der Berliner Art Directors Club wiederdie besten Werbekampagnen. Werbung muss wirken, finden auch die oppositionellen Adbusters
VON EKUA ODOI
Wer Spaß am Vermarkten und am Verpacken hat, der kommt an diesem Wochenende auf seine Kosten: Eine der größten Werbeveranstaltungen der Welt, die Art Directors Club Award Show, präsentiert lustvoll die Erzeugnisse der umstrittenen Branche – und feiert sich selbst. Im Rahmen des alljährlichen Werbertreffs, nach eigenen Angaben der „wichtigste Kreativwettbewerb Europas“, wird zudem öffentlich über Ideen und Trends philosophiert.
Seit 40 Jahren prämiert der gegenwärtig 427 Mitglieder zählende ADC die besten deutschen Werbekampagnen. Erst durch den Spaß am Wettbewerb, so der Verein, habe man erreicht, dass Kreativität „von Unternehmen nicht mehr als Spinnerei abgetan wird“, so Susann Schronen, Geschäftsführerin des ADC. Denn dass sich Anderssein lohnt – und Produkte sich damit besser verkaufen lassen –, wollten vor allem Großkonzerne lange Zeit nicht glauben. Inzwischen spornen sogar Konzerne wie Procter & Gamble (Tempo, Pampers etc.) ihre Agenturen an, am ADC-Wettbewerb teilzunehmen.
Für besondere Hingucker-Kampagnen erhalten die Preisträger heute einen Nagel in Gold, Silber oder Bronze. Der Nagel steht dabei symbolisch für die Urkunde, die sich die Prämierten später „an die Wand nageln“ können.
In den vergangenen Jahren räumte z. B. die Berliner Werbeagentur Scholz & Friends mit ihrer FAZ-Kampagne („Dahinter steckt immer ein kluger Kopf“) ab. In diesem Jahr machen sich weitere Berliner Kreativschmieden, wie zum Beispiel Heimat oder Aimaq Rapp Stolle Hoffnungen, geehrt zu werden.
Gestern referierten zum ADC-Visions-Kongress in der Columbiahalle so illustre Gestalten wie der Altpunker und Sex-Pistols-Gründer Malcolm McLaren über die Trends der nächsten Generation, Regisseur Hugh Hudson über Aufstieg und Fall von Ideen und gestandene Profis über Wege zur Kreativität. Denn schließlich geht es beim Werben stets um das eine: Verkaufen. Je ästhetischer Werbung ihr eigentlich plumpes Ziel verschleiert, desto eher wirkt sie.
Werbung ist daher pure Manipulation, deklariert die selbst ernannte Werbe-Opposition, das globale Netzwerk „Adbusters“. Die „Anzeigen-Knacker“ wollen ihrerseits erreichen, dass VerbraucherInnen sich kritisch mit Werbung auseinander setzen und Konsumterror boykottieren. Um zum Nachdenken anzuregen, setzen die Adbusters auf denselben Kommunikationskanal wie Unternehmen, nämlich auf Werbung! Mit Spots und Anzeigen versucht die Initiative aus unbeschwerten Konsumenten kritische zu machen, denen z. B. die Abholzung des Regenwaldes und die Tatsache, dass nur 20 Prozent der Weltbevölkerung 86 Prozent der Ressourcen verbraucht, nicht schnuppe ist.
Kalle Lasn, als Exwerber vom Saulus zum Paulus gewandelt, gründete die Adbusters 1989 in Kanada. Lasn hatte keine Lust mehr, den Konsumterror zu unterstützen, und entschloss sich zum – selbstverständlich kreativen – Widerstand. Neben den Anzeigen dient den Antiwerbern auch das Magazin Adbusters als erfolgreiches Sprachrohr. Adbusters erscheint alle zwei Monate, selbstredend ohne eine einzige kommerzielle Anzeigenseite, und hat mittlerweile weltweit in über 60 Ländern Abonnenten.
Die bekannteste und erfolgreichste Aktion der Konsumkritiker ist allerdings der Buy Nothing Day (BND). Schon seit zwölf Jahren rufen die Initiatoren damit die VerbraucherInnen auf, an jedem letzten Samstag im November gegen Konsumkultur und Shoppingwahn zu protestieren, indem sie einfach nichts kaufen.
Die Idee für den BND hatte der Kanadier Ted Dave, der ebenfalls vom Werber zum Antikonsumenten mutierte. Dave wollte mit dem Aktionstag ein Zeichen gegen die Shoppinghysterie setzen, die in Nordamerika nach den Truthahnschlachten des Thanksgivings regelmäßig die Vorortbewohner befällt. Frommer Wunsch ist es, dass sich die Verbraucher mit ihrem Konsumverhalten kritisch auseinander setzen – und darüber nachdenken, ob Kaufen wirklich der Weg zu einem glücklichen Leben ist.
Auch in Berlin gab es in den vergangenen zwei Jahren wie weltweit in anderen 65 Ländern auch, Aktionen rund um den Kauf-Nix-Tag. Der Tag, an dem das Portmonee zu Hause bleibt, stieß bislang in der Hauptstadt auf Resonanz und findet deshalb dieses Jahr wieder statt.
Verständnis für Restriktionen und Antiwerber kann ADC-Chefin Schronen selbstverständlich nicht aufbringen und gibt unumwunden zu: „.Ich denke nicht, dass man solche Initiativen wie Adbusters braucht. Für mich ist Werbung Unterhaltung. Wo viele wegzappen, zappe ich hin.“