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Archiv-Artikel

Wohngeld wird für viele weniger

Deutlich geringere Wohngelderhöhung als erwartet: 144 Gemeinden in Niedersachsen und Schleswig-Holstein werden schlechter eingestuft. Vielen Arbeitslosengeld II-Beziehern drohen Kürzungen bei der Mieterstattung

600.000 Haushalte in Deutschland bekommen Wohngeld – sie verdienen so wenig, dass sie ohne diesen staatlichen Zuschuss ihre Miete oder die Belastungen für ihr Wohneigentum nicht bezahlen könnten. Wegen den steigenden Mietnebenkosten erhöht die Bundesregierung zum Januar das Wohngeld im Durchschnitt um 60 Prozent. „Für viele Wohngeldbezieher fällt die Erhöhung deutlich geringer aus als versprochen. Teilweise gibt es sogar weniger Geld“, sagt dagegen Arne Haase. Er berät in Berlin ehrenamtlich Menschen zum Thema Wohngeld und stellt unter www.wohngeldantrag.de Informationen ins Internet.

Die Höhe des Wohngeldes richtet sich unter anderem nach der Einstufung der jeweiligen Gemeinde in der Wohngeldtabelle. Entsprechend dem Mietniveau gibt es sechs Mietstufen, von Kategorie 1 (sehr niedriges Mietniveau) bis Kategorie 6 (sehr hohes Mietniveau). Je höher die Mietstufe, umso mehr Wohngeld wird gezahlt. Laut Haase hat das Bundesbauministerium zeitgleich mit der Erhöhung des Wohngeldes 480 Gemeinden in Deutschland schlechter eingestuft, darunter 41 Kommunen in Schleswig-Holstein und 103 in Niedersachsen

Was das bedeutet, stellt Haase am Beispiel Celle dar, wo die Mietstufe von 4 auf 3 abgesenkt wurde: Ein Drei-Personenhaushalt, der in einer 70 Quadratmeter großen Wohnung in einem im Jahr 2001 erbauten Haus lebt, 500 Euro Miete zahlt und ein Bruttoeinkommen von 1.500 Euro bezieht, erhielt bisher 139 Euro Wohngeld, ab 2009 sind es 155 Euro. Wenn zwei Personen mit demselben Einkommen und derselben Miete in einer solchen Wohnung leben, dann bekommen sie sogar künftig weniger Wohngeld – statt 48 nur noch 47 Euro. Dieses Beispiel trifft auf Achim, Hildesheim, Oldenburg, Salzgitter, Neumünster, Rendsburg, Itzehoe und Fehmarn zu. Am stärksten gebeutelt werden Wohngeldempfänger in Altenholz – dort wurde die Mietstufe von 5 auf 2 abgesenkt.

Während Wohngeldempfänger in den zurückgestuften Gemeinden in der Regel etwas mehr Geld in der Tasche haben, sieht es dort für viele Empfänger von Arbeitslosengeld II durch die neue Regelung schlechter aus. Sie haben keinen Anspruch auf Wohngeld, sondern bekommen die Kosten der Unterkunft erstattet. Dabei gibt es Höchstgrenzen. Sie können laut Bundessozialgericht durch einen Mietspiegel oder „andere valide Erkenntnisse“ festgelegt werden. Wo diese nicht existieren, gilt nach einem Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen bislang die Regelung „rechte Spalte der Wohngeldtabelle plus zehn Prozent“.

Beim Deutschen Mieterbund (DMB) sieht man diese Entwicklung mit Sorge. „Die Erhöhung des Wohngeldes darf nicht zur Absenkung der Mietzahlungen an ALG-II-Empfänger führen. Das ist völlig gegen den Sinn der neuen Regelung“, kritisiert Bernd Stöver, Geschäftsführer des DMB-Landesverbandes Niedersachsen.

Einen Mietspiegel gibt es in Niedersachsen nach seinen Worten derzeit in Osnabrück, Holzminden, Lüchow-Dannenberg, Braunschweig, Peine und Uelzen – dort hat die neue Wohngeldtabelle somit keinen Einfluss auf die Berechnung der angemessenen Kosten einer Unterkunft für ALG-II-Empfänger.

In Mecklenburg-Vorpommern können sich viele Wohngeldempfänger über die neuen Mietstufen übrigens freuen: in zehn Städten wurden sie erhöht, so in Neubrandenburg und in Bergen auf Rügen von 2 auf 3 und in Rostock von 4 auf 5. In Bremen (4) und Hamburg (5) ändert sich bei den Mietstufen nichts. Zu den teuersten Pflastern zählt das Bundesbauministerium die Gegend rund um Hamburg: Rosengarten, Buchholz, Norderstedt, Pinneberg, Wedel, Halstenbek und Schenefeld fallen nach wie vor in die Kategorie 6.

JOACHIM GÖRES