Ostermarsch dieses Jahr ohne Marsch

Weil sich in letzter Zeit Protestzüge häuften, will die Friedensbewegung nur vor dem Rathaus demonstrieren

„Wir wehren uns gegen die geplante EU-Verfassung, die Rüstungsforschung vorsieht“

Bisher zog sich der Ostermarsch in Berlin laufenderweise durch die Stadt. Dieses Jahr wird aber niemand laufen – auch nicht marschieren: Nein, im Stehen kann man jetzt den Frieden einfordern. Ein umfangreiches Bühnenprogramm aus Musik, Lesungen und Podiumsdiskussionen soll das schmackhaft machen. Thema: „Abrüstung statt Sozialabbau!“

Vergangenes Jahr ging die Friedensdemo vom Platz der Vereinten Nationen über die Jannowitzbrücke bis zum Mariannenplatz, wo es dann ein Kulturprogramm gab. Dieses Jahr wird am Ostermontag alles an einem Ort stattfinden: zwischen Neptunbrunnen und Marienkirche vor dem Roten Rathaus.

Die Friedenskoordination Berlin (Friko), für die Organisation zuständig, nennt es „Festliche Osterkundgebung“. „Es gab in den letzten Wochen sehr viele Demonstrationen, und wir haben uns im Rahmen des Sozialbündnisses an deren Organisation beteiligt“, sagt Laura von Wimmersperg von der Friko. Deshalb sei die Entscheidung für eine Kundgebung an einem Ort gefallen.

Ostermärsche gibt es in Deutschland schon seit 1960, damals als Bewegung gegen die atomare Aufrüstung. Die Friedenskoordination Berlin organisiert die Ostermärsche seit 1982 und versteht sich als flexibles Bündnis vieler gesellschaftlicher Gruppen, „denen die Belange des Friedens am Herzen liegen“, so das Friko-Selbstverständnis.

Von Wimmersperg erklärt das Motto der montäglichen Demo: „Wir wehren uns gegen die geplante Europäische Verfassung, die Rüstungsforschung vorsieht.“ Die gleichen Kräfte, die die Militarisierung von Europa betrieben, zerstörten auch das soziale Netz durch Kürzungen in den Bereichen Arbeit, Bildung, Gesundheit und Soziales, sagt die Aktivistin. Dies sei eine Umverteilung von unten nach oben. „Und wir wollen sehen, was die Menschen außerhalb Europas von der Militarisierung halten.“ Deshalb sollen in der geplanten Podiumsdiskussion auch Menschen aus Lateinamerika, Polen, Italien und dem Iran zu Wort kommen, die zurzeit alle in Berlin wohnen.

Bei dem Programm sollen sich Diskutieren und Musikmachen explizit nicht ausschließen, betonen die MacherInnen. Jutta Kausch leitet das Kulturprogramm: „Wir wollen die Künstler nicht nur als schmückendes Beiwerk, sondern zeigen, dass sie auch etwas zu sagen haben.“

Kausch selbst ist Schauspielerin und engagiert sich in der Initiative „KünstlerInnen gegen den Krieg“. Man müsse weg, von herkömmlichen „Kundgebungen“, bei denen nur Reden gehalten würden, findet sie. Die Veranstaltung am Ostermontag bezeichnet sie deshalb auch als „Gesamtkomposition“: eine Mischung aus Lesung, Musik und Diskussion. CHRISTIAN VATTER

Die Osterkundgebung 2004 steht unter dem Motto „Abrüstung statt Sozialabbau!“ Am Ostermontag, den 12. April, gibt es zwischen 14 und 18 Uhr auf der Bühne vor dem Roten Rathaus ein gemischtes Programm mit Musik und Diskussionen